Der EU-Rat hat zwar eine Bankenabgabe beschlossen, Bundeskanzler Werner Faymann von einem "Durchbruch". Offen bleibt allerdings, ob das Geld direkt ins Budget oder in einen Rettungsfonds fließen soll.
Brüssel/Wien (höll). Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sprach am Freitag von einem „Durchbruch“, weil nun auch der EU-Rat eine Bankenabgabe beschlossen hat. „Wir gehörten in Europa zu den Ersten, die eine solche Steuer gefordert haben“, heißt es im Bundeskanzleramt.
Tatsächlich konnten sich die EU-Regierungschefs am Donnerstagabend aber nur auf einen Mini-Kompromiss einigen. Ursprünglich wollte die EU-Kommission die Mitgliedsländer verpflichten, nationale Rettungsfonds einzurichten, die von den Banken finanziert werden. Als Vorbild nannte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier Schweden, wo die Kreditinstitute in guten Zeiten eine Art Versicherungsprämie zahlen. Mit dem Geld sollen die Banken in einer Krise aufgefangen werden.
Doch dagegen legen sich Österreich, Ungarn und Frankreich quer. In diesen drei Ländern ist es so gut wie fix, dass die Einnahmen aus der Bankensteuer direkt ins Budget fließen werden. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel spricht sich dagegen für einen Krisenfonds wie in Schweden aus.
Im Beschluss des EU-Rats heißt es nun, „dass die Mitgliedsländer Systeme für Abgaben und Steuern für Finanzinstitute einführen sollten, damit für eine gerechte Lastenverteilung gesorgt wird“. Diese Gebühren sollten Teil eines „glaubwürdigen Rahmens für Rettungsmaßnahmen sein“. Die EU-Kommission wurde aufgefordert, die Arbeiten voranzutreiben und im Oktober 2010 Bericht zu erstatten.
Profumo: Bankenabgabe ist ein „Fehler“
Die entscheidende Frage, ob die Bankenabgabe für das Stopfen von staatlichen Budgetlöchern oder für einen Krisenfonds verwendet werden soll, wurde vom EU-Rat nicht beantwortet. Da in dem Gremium bei wichtigen Beschlüssen Einstimmigkeit erforderlich ist, kann de facto jedes Land machen, was es will.
Die Banken befürworten weiterhin die Fondslösung. UniCredit-Chef Alessandro Profumo sagte gestern, es sei ein „großer Fehler, eine Bankensteuer zur Finanzierung des öffentlichen Defizits einzuführen“.
Viele offene Fragen gibt es auch zu den sogenannten „Stresstests“, die laut EU-Beschluss bis Ende Juli zu veröffentlichen sind. Zunächst hatte es geheißen, dass nur die Ergebnisse von 25 europäischen Großbanken publiziert werden.
In Österreich sind davon Erste Bank und Raiffeisen Zentralbank betroffen. Die Daten der Bank Austria sind in den Resultaten der italienischen UniCredit enthalten. Am Freitag häuften sich jedoch die Stimmen, wonach auch die Situation bei kleineren Instituten offengelegt werden soll. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte, die EU werde die Stresstests ausweiten.
Sorgen wegen kleinerer Banken
In Österreich wollten sich dazu weder das Finanzministerium noch das Bundeskanzleramt äußern. Einem Sprecher von Nationalbank-Chef Ewald Nowotny war nur ein knappes Statement zu entlocken: „Es wird sich eine internationale Position entwickeln, der wir uns anschließen.“
Ein Stresstest, der auch kleinere Banken umfasst, wäre für Österreich unter Umständen problematisch: Erste Bank, Raiffeisen Zentralbank und Bank Austria würden die Belastungsprobe locker überstehen. Nicht ganz so gut geht es dagegen dem Volksbanken-Spitzeninstitut ÖVAG, das im Vorjahr einen Milliardenverlust erwirtschaftete.
Ungeklärt ist auch, welche Daten publiziert werden. Gelangen allzu viele Informationen an die Öffentlichkeit, könnte das eine oder andere Institut unter Druck geraten. Schließlich hatte die Nationalbank erst im Frühjahr angemerkt, dass in der Europäischen Union nur die Finanzsysteme in Portugal und in Italien über geringere Kernkapitalquoten als in Österreich verfügen.
Im heimischen Finanzsektor gehen die Meinungen über die Veröffentlichung allzu vieler Daten weit auseinander. Die Erste Bank ist dafür, bei Raiffeisen ist man dagegen. Die Bank Austria will sich dazu nicht äußern.
Die Stresstests würden sich vor allem negativ auf griechische Institute auswirken. Dort soll es einen neuen staatlichen Rettungsschirm für die Finanzbranche geben. In Deutschland dürften vor allem die Probleme der Landesbanken sichtbar werden.
In Österreich wird die Nationalbank am 25. Juni eine Zusammenfassung des jüngsten Stresstests veröffentlichen. Details über einzelne Banken werden aber nicht bekannt gegeben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2010)