Im Schauspielhaus Graz wurde nun doch einmal »Heldenplatz« aufgeführt. Dem Requiem des einst großen Erregers fehlte allerdings phasenweise sarkastischer Biss.
Frau Zittel ist ein Mann. Regisseur Franz-Xaver Mayr, im Waldheim-Wahljahr 1986 geboren, hat sich dazu entschlossen, die Rolle der resoluten Wirtschafterin in Thomas Bernhards „Heldenplatz“ mit Florian Köhler zu besetzen. Der erfüllt die erste Szene des Kammerspiels auch mit dem nötigen Elan. Da steht die Zittel bei der Premiere am Freitag im Schauspielhaus Graz, im knielangen türkisen Kleid, mit weißen Strümpfen, weißer Schleife, Perlenkette, und erinnert sich an ihren Dienstgeber, zu dem sie eine enge Bindung hatte: Professor Josef Schuster ist vor Kurzem gestorben, heute ist sein Begräbnis. Köhler beherrscht Bernhards Phrasierungen perfekt. Raphael Muff als Hausmädchen im karierten Arbeitskleid und weißem Schürzchen assistiert ihm schräg. Die Pointen sitzen.
Diese Szene bleibt einer der Höhepunkte in der 170 Minuten langen Aufführung. Später verleiht auch Evamaria Salcher Schusters Tochter Anna ordentlich Schärfe. Im Finale, mit der extrem präsenten und präzisen Julia Gräfner als Witwe Hedwig, packt einen das Schauspiel noch einmal richtig. Diese Frau ist fertig. Man spürt Horror. Zuvor aber gibt es auch gut gemeintes Beiwerk, das Bernhards konzentrierten Biss verharmlost. Auch der Gender-Rollentausch, der gegenwärtig in Graz geradezu Pflicht zu sein scheint, ist bis auf Muff und Köhler misslungen. Kein Mehrwert, sondern Überforderung.