Gehörlose

Einander hören ohne zu hören

Alicia Eliskases war eineinhalb Jahre, als sie ihr Gehör verlor. In der Ausstellung „Hands up“ zeigt sie, wie sich der Alltag für Gehörlose gestaltet.
Alicia Eliskases war eineinhalb Jahre, als sie ihr Gehör verlor. In der Ausstellung „Hands up“ zeigt sie, wie sich der Alltag für Gehörlose gestaltet.(c) Clemens Fabry
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Sie sind Tänzer, Schauspieler, Musiker, Lehrer: Gehörlose sind in allen möglichen Berufen zu finden. Nur im Stadtalltag scheitern sie immer wieder an Kleinigkeiten.

Schwierig ist es, wenn Unvorhergesehenes passiert. Wenn die U-Bahn etwa unerwartet kurz vor der Station stehen bleibt. Die anderen Passagiere werden dann angestrengt auf die Lautsprecherdurchsage hören. Nur Alicia Eliskases wird das nicht tun und in die Gesichter anderer Menschen schauen. Dann wird sie überlegen, wen sie ansprechen kann. Sie wird dafür eine Frage in ihr Smartphone tippen und sie demjenigen zeigen. Ihre Sprache spricht vermutlich niemand. Gebärdensprache. Alicia Eliskases ist gehörlos.

Das war nicht immer so, aber an ein Leben mit lauten Tönen kann sich die gebürtige Tirolerin nicht mehr erinnern. Die 30-Jährige war eineinhalb Jahre alt, als ihr eine Gehirnhautentzündung die Hörfähigkeit nahm. Danach folgte eine Leidensgeschichte, die wohl viele Gehörlose kennen. Die Eltern in Tirol sind völlig überfordert mit den neuen Bedürfnissen ihres Kindes. Sie schicken sie zur Logopädin, damit das Kind vielleicht doch noch sprechen lernt. In der Schule muss sie Lippen lesen, Gebärdensprache war als Unterrichtssprache schlicht verboten. Bis 1986 stand das so übrigens auch im Gesetz.

Lippen lesen geht nicht immer. Das Kind lernt natürlich nichts, ist immer hinten und frustriert. So frustriert. Alicia will kommunizieren, kann es aber nicht. Nicht hinreichend. Irgendwie mit Händen und Füßen. Wie soll sie denn verstehen, was die Eltern wollen. Lippen lesen, wird sie Jahre später selbst immer wieder in der Ausstellung „Hands up“ erklären, ist keine gut funktionierende Option. Zu viele Wörter werden gleich ausgesprochen, nur die Betonung ändert sich: „Gepäck und Gebäck“ etwa.

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