Autoproduktion

Der Bundesadler am Kühlergrill

Visionär: Bei Porsche wurde neben einer Limousine auch der Entwurf eines „Freizeitwagens“  angefertigt.
Visionär: Bei Porsche wurde neben einer Limousine auch der Entwurf eines „Freizeitwagens“ angefertigt.(c) Werk
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Auch Österreichs Politik träumte von einer heimischen Autoproduktion – die kam auch, nur anders.

Günter Ledl hätte sich ein bisschen Anschub von oben gewünscht. Stattdessen machte ihm die Zulassungsbehörde das Leben schwer. In alle Welt verkaufte er ab 1981 seinen Sportwagen, den Ledl AS (für Austrian Sportscar). In Österreich, seinem Heimmarkt, brachte er ganze 17 Stück auf die Straße. Um jede Zulassung musste einzeln gerungen werden. Als dann die Kat-Pflicht eingeführt wurde, fehlten eine Zeitlang die Motoren, und Günter Ledl stellte nach 249 Exemplaren die Produktion ein.

Mit politischem Rückenwind wäre es vielleicht anders gekommen. So reiht sich der flotte Ledl – immer noch ein Blickfang – als vage Erinnerung in die kleine Riege österreichischer Autohersteller der Nachkriegszeit. Die Politik hatte wohl keinen Sinn für italienisch inspirierte, kernig röhrende Zweisitzer.


Aus Wien geflüchtet. Dabei war eine heimische Automarke der Traum von Bundeskanzler Bruno Kreisky, wenige Jahre vor der Episode Ledl. Was hatte Österreich nicht für eine Vergangenheit auf dem Gebiet! Ferdinand Porsche machte schon um die Jahrhundertwende die Alsergrunder Berggasse als Versuchsstrecke unsicher. Gräf, Austro-Daimler, klingende Namen! Die Steyrer Automobilindustrie brachte Busse, Lkw, Rennwagen, Cabrios und Luxuskarossen für Kunden weltweit hervor. Dann löschte der Krieg den ganzen Wirtschaftszweig aus.

Der erste Porsche unter diesem Namen rollte 1948 noch aus einem Schupfen in Kärnten, um sich mit der Produktion bald nach Stuttgart zu verabschieden. Der als Jude im Krieg geflüchtete Wiener Karl Abarth machte sich als Carlo in Italien einen großen Namen. Von all dem sollte nichts abfallen? Kreisky fasste Mitte der 1970er einen Entschluss: Es gehörte wieder eine Autoindustrie ins Land!

Mit an Bord war ÖIAG-Chef Franz Geist, der sich 1976 in einem Interview zur Ankündigung hinreißen ließ, bald würden schon 40.000 Autos im Jahr vom Band rollen. Einen Standort, eine Marke, einen Produzenten, das gab es freilich noch nicht.

Mögliche Limousine einer Austro-Marke: Skizze aus Porsches Entwicklungsbüro.
Mögliche Limousine einer Austro-Marke: Skizze aus Porsches Entwicklungsbüro.

Nach Geists und Kreiskys Idee sollten Porsche als Entwicklungs- und Volkswagen als Vertriebspartner zur Seite stehen. Als Ingenieurbüro hatte Porsche auch großes Interesse an einem solchen Auftrag, erste Skizzen möglicher Modelle entstanden. Neben einer schlichten Limousine etwa ein „Freizeitwagen“, der im Lichte des heutigen SUV-Booms nahezu visionär wirkt. Über den Bundesadler am Kühlergrill hätte man vermutlich noch reden müssen.

Die Sache fand jedoch schnell ein Ende – eine Machbarkeitsstudie offenbarte einen Investitionsbedarf, der zuerst die Banken nachhaltig zusammenschrecken ließ. Dann sagte Volkswagen offiziell ab. Kreisky musste die Idee begraben.

Auf Wahlkampftour 1970: Bundeskanzler Bruno Kreisky entsteigt Rover P5, ein Auto seiner Leibmarke.
Auf Wahlkampftour 1970: Bundeskanzler Bruno Kreisky entsteigt Rover P5, ein Auto seiner Leibmarke. (c) Kreisky Archiv

Die vielen Kontakte, die in ihrem Geiste geknüpft wurden, erwiesen sich in der Folge aber als segensreich: GM kam nach Wien Aspern, BMW nach Steyr, Magna nach Graz.

Mit dem KTM X-Bow, in Graz gefertigt, hat Österreich heute immerhin eine eigene Automarke.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2020)

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