Spektakuläre Würfe aus unmöglichen Winkeln

Sebastian Frimmel ist im Ausland zu einem besseren Spieler gereift.
Sebastian Frimmel ist im Ausland zu einem besseren Spieler gereift.Sebastian Pucher / EXPA / picturedesk
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Schweiz-Legionär und Flügelspieler Sebastian Frimmel ist Österreichs Mann für spezielle Tore.

Die Rechnung ist einfach: Je mehr Legionäre das österreichische Nationalteam stellt, desto besser ist es. Acht der 16 Spieler im EM-Kader verdienen ihr Geld im Ausland. Fünf sind in Deutschland engagiert, zwei in der Schweiz, einer in Portugal. Der Mehrwert ist immer derselbe. Intensivere Trainings, stärkere Mit- und Gegenspieler, bessere Trainer – und mehr Know-how. Sebastian Frimmel ist einer dieser acht Legionäre, er wechselte 2018 zu den Kadetten Schaffhausen in die Schweiz, hatte sich mit Leistungen beim heimischen Klub West Wien für diesen Transfer empfohlen.

In Schaffhausen verdient Frimmel so viel Geld, wie er in Österreich nirgends hätte verdienen können. Nicht in Wien, nicht in Vorarlberg, wo Hard und Bregenz die höchsten Gehälter der Liga zahlen. „Ich kann seitdem gut vom Handball leben“, sagt der heute 24-Jährige, der in Schaffhausen zu einem kompletteren, einem besseren Handballer gereift ist. Auf seiner Position am linken Flügel ist Frimmel intern die unumstrittene Nummer eins. „Ich spiele fast jedes Spiel 60 Minuten durch, als einziger auf Linksaußen in der gesamten Liga.“

Mit dem Titel 2019 qualifizierte sich der Schweizer Vorzeigeklub – elf Meisterschaften seit 2005 – für die Champions League, die auch im Handball nur den besten Klubs Europas eine Bühne bietet. Zwar schieden die Eidgenossen mit nur zwei Siegen in zehn Spielen aus, die Erfahrung aber sei „unbezahlbar“ gewesen, wie Frimmel versichert. „Das Niveau war extrem hoch. Und wenn du zehn Spiele auf diesem Niveau bekommst, wirst du zwangsläufig besser. Ich habe heute ein völlig anderes Selbstverständnis.“

Dieses zeigt Frimmel nun auch bei der Euro. Schon im letzten Test gegen Deutschland war der Perchtoldsdorfer stark ins Spiel der Österreicher eingebunden, beim Auftaktsieg gegen Tschechien steuerte er drei Tore bei. Diese EM, sie könnte noch zur EM des Sebastian Frimmel werden, wie er im „Presse“-Gespräch hofft. „Das ist ganz klar mein Ziel. Ich will unserem Spiel und der Euro meinen Stempel aufdrücken.“


Wurfkünstler. Die Qualitäten des Flügelspielers sind augenscheinlich. Der 24-Jährige verfügt über eine außergewöhnliche Sprungkraft, diese ist auf seiner Position unverzichtbar. Und: Er versteht es immer besser, die richtigen Entscheidungen bei der Wurfwahl zu treffen. Oft müssen Außenspieler aus schier unmöglichen Winkeln abschließen, das macht das Unterfangen, Tore zu werfen, weitaus schwieriger als aus dem (zentralen) Rückraum. Es sind permanent Eins-gegen-eins-Situationen, mit denen Frimmel konfrontiert ist. Der Verdacht liegt nahe, dass er gegnerische Torhüter und deren Bewegungsabläufe bis ins letzte Detail studiert. Frimmel aber winkt ab. „Ich bin kein Freund davon, schaue mir nur an, ob es ein großer, breiter oder ein kleinerer, flinker Torhüter ist.“

Am Ende des Tages ist es immer das gleiche Spiel. Da gilt es doch stets, innerhalb des Bruchteils einer Sekunde die richtige Entscheidung zu treffen. „Springen, warten, schauen, was der Torwart macht – und dann vertraue ich auf mein Gefühl.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2020)

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