Adani-Mine

Proteste ohne Erfolg: Siemens hält an Kohlebergwerk-Auftrag fest

imago images/Jannis Große
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Trotz Protesten entschied sich der Industriekonzern Siemens die Zugsignalanlage für das umstrittene Kohlebergwerk in Australien doch zu liefern.

Der Industriekonzern Siemens hält trotz Protesten von Klimaschützern an einer wichtigen Zulieferung für ein umstrittenes Kohlebergwerk in Australien fest. Das teilte Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser am Sonntagabend auf Twitter nach einer außerordentlichen Vorstandssitzung mit. Klimaaktivistin Luisa Neubauer reagierte mit scharfer Kritik. Kaeser mache einen "unentschuldbaren Fehler".

Siemens habe alle Optionen geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, dass man allen vertraglichen Verpflichtungen nachkommen müsse, erläuterte Kaeser die Entscheidung. Bei der Kritik an dem Projekt in Australien geht es neben dem Klimaschutz auch um den Verbrauch von Wasser, die Zerstörung von Lebensraum und den Transport der Kohle über das Great Barrier Reef, das größte Korallenriff der Welt. Besondere Brisanz hatte das Thema zuletzt auch durch die riesigen Buschbrände in Australien bekommen.

Ursprünglich wollte Siemens seine Entscheidung am Montag bekanntgeben. Kaeser hatte am Freitag gesagt, die Entscheidung sei nicht einfach. Es gebe unterschiedliche Interessenlagen - von Aktionären, Kunden und auch der Gesellschaft.

„Er schlägt Profit aus dem Katastrophen Vorhaben“ 

"Diese Entscheidung ist aus dem Jahrhundert gefallen", kritisierte Neubauer die Entscheidung. Statt Verantwortung für das Pariser Klimaschutz-Abkommen zu übernehmen, gefährde Siemens damit das Ziel, die Erderwärmung auf unter zwei Grad einzudämmen. "Wir haben Kaeser gefragt, alles in seiner Macht stehende zu tun um die Adani-Mine zu verhindern. Stattdessen schlägt er nun Profit aus diesem Katastrophen-Vorhaben."

Auch australische Umweltaktivisten haben empört auf die Entscheidung reagiert. Der Firmenbeschluss sei "nichts weniger als schändlich" und ruiniere das Image von Siemens, teilte die Australian Conservation Foundation am Montag mit. "Mit dieser Entscheidung zeigt das Unternehmen sein wahres Gesicht." Die angebliche Klimawandel-Strategie des Konzerns habe sich als "inhaltsleer und bedeutungslos" entpuppt - er sei keinen Deut besser sei als die von der Ausbeutung fossiler Energieträger profitierenden Firmen, mit denen er zusammenarbeite. Der Protest gegen das Bergwerk-Projekt werde weitergeführt, kündigten die Aktivisten an.

Kaeser hatte Neubauer bei einem Treffen am Freitag einen Sitz in einem Aufsichtsgremium des künftigen Unternehmens Siemens Energy angeboten - ob im Aufsichtsrat oder einem Gremium wollte er ihr überlassen. Siemens will sein Energiegeschäft im Frühjahr abspalten und Siemens Energy voraussichtlich im September an die Börse bringen.

Den Posten lehnte die 23-Jährige am Wochenende ab. Sie schlug stattdessen vor, ihn einem Wissenschafter von Scientists for Future zu geben, einer Gruppe, die Fridays for Future unterstützt. "Mit dem Posten wäre ich den Interessen des Unternehmens verpflichtet und könnte Siemens dann nicht mehr unabhängig kommentieren", sagte Neubauer. "Das ist nicht mit meiner Rolle als Klimaaktivistin zu vereinbaren."

Kaeser bedauerte die Entscheidung, lehnte Neubauers Vorschlag aber ab. Das sei "gut gemeint", teilte er am Sonntag mit. "Aber Experten und Wissenschaftler haben wir schon genug." Seine Tür stehe weiterhin offen, sagte er mit Blick auf die Diskussion mit Neubauer.

Siemens will eine Zugsignalanlage für ein umstrittenes Kohlebergwerk in Australien zuliefern. Die Adani Group will in Australien eines der größten Kohlebergwerke der Welt aufbauen, das aus fünf Untertageminen und sechs Tagebaustätten bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr fördern soll. Das Projekt wird von Umweltschützern seit Jahren bekämpft. Nach Angaben von Neubauer hatte Siemens für das Adani-Projekt eine Schlüsselrolle. Zwei Firmen, die für den Auftrag auch infrage kämen, hätten schon abgesagt.

Ungeachtet aller Proteste von Klima- und Umweltschützern hat der indische Konzern Adani seine Pläne bekräftigt. Das Unternehmen freue sich, mit dem Zulieferer Siemens zusammenzuarbeiten. "Wir lassen uns nicht einschüchtern oder davon abhalten, unsere Versprechen einzulösen - für die Menschen in Queensland, die Australier und die Menschen in Entwicklungsländern, die dringend bezahlbare Energie brauchen, um ihnen zu helfen, der Armut zu entkommen," sagte eine Sprecherin von Adani Australien.

Mine und Nachhaltigkeitsgremium geplant

Kaeser kündigte am Sonntagabend zugleich an, ein wirksames Nachhaltigkeitsgremium schaffen zu wollen, um Umweltfragen in Zukunft besser zu managen. Bereits am Freitag hatte Kaeser sich dem eigenen Unternehmen gegenüber auch kritisch gezeigt: "Wir sehen, dass wir auch indirekte Beteiligungen bei kritischen Projekten besser verstehen und frühzeitig erkennen müssen."

Kaeser dankte für zahlreiche Mails und Reaktionen in sozialen Netzwerken sowie für persönliche Treffen zu dem Thema. Besonders Botschaften von Australiern hätten ihn bewegt. Er verwies darauf, dass Siemens sich die Klimaneutralität bis 2030 vorgenommen habe und grundsätzlich das Ziel verfolge, fossile Brennstoffe für die Volkswirtschaften überflüssig zu machen.

>>> Fridays for Future greift Siemens an

(APA/DPA)

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