"Green Deal"

Brüssels Billionen-Euro-Plan gegen den Klimawandel

Ursula von der Leyen hat seit ihrem Amtsantritt immer wieder betont, die europäische Wirtschaft klimaneutral umzubauen - eine "Chance" sei das.
Ursula von der Leyen hat seit ihrem Amtsantritt immer wieder betont, die europäische Wirtschaft klimaneutral umzubauen - eine "Chance" sei das.imago images/ZUMA Press
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EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen will die EU klimaneutral machen. Das soll in etwa eine Billion Euro kosten. Der Klimaplan wird am Dienstag im Detail präsentiert.

Europa soll bis zum Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt werden. Für den Klimaschutz will die EU-Kommission bis 2030 Investitionen von einer Billion Euro mobilisieren, also tausend Milliarden. Dies bekräftigte Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Montag in Luxemburg. Die Pläne, wie das Geld genau zusammenkommen soll, sollen am Dienstag vorgestellt werden.

Von der Leyen hatte im Dezember einen "GreenDeal" angekündigt, um die europäische Wirtschaft bis 2050 klimaneutral umzubauen - bis dahin sollen alle Treibhausgase vermieden, gespeichert oder ausgeglichen werden. Die erforderlichen Milliardeninvestitionen seien eine europäische Wachstumsstrategie, bekräftigte von der Leyen. Das sei eine "einmalige Chance".

Abhängig vom Haushaltsrahmenplan

Von der Leyen ist für ihre ehrgeizigen Klimaschutzpläne allerdings abhängig von einer Einigung der EU-Staaten auf einen neuen Haushaltsrahmenplan für die Jahre 2021 bis 2027. Deutschland und andere Staaten wollen für den neuen Finanzrahmen weit weniger Geld geben als von der EU-Kommission verlangt.

Unterstützung bekam von der Leyen von Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel. Ohne ein ambitioniertes Budget seien die EU-Prioritäten beim Klima, beim digitalen Wandel und Forschung nicht umsetzbar, sagte Bettel in einer Pressekonferenz mit von der Leyen. Inakzeptabel sei die Forderung, in der EU-Verwaltung Milliarden einzusparen, stimmten beide überein.

Luxemburg ist Standort einiger EU-Institutionen mit Tausenden Beschäftigten, darunter die Verwaltung des Europaparlaments, die EU-Gerichte und die Europäische Investitionsbank.

Ein Überblick über die einzelnen Bereiche

Riesige Investitionslücke beim Klimaschutz

In ihrem "Investitionsplan für ein nachhaltiges Europa" geht die Kommission davon aus, dass jährlich 1,2 Billionen Euro nötig sind, um das EU-Klimaziel für 2030 noch zu erreichen (Reduktion der Treibhausgase um 40 Prozent im Vergleich zu 1990). Dazu müssten "zusätzliche Investitionen von 260 Milliarden Euro pro Jahr" mobilisiert werden, heißt es in einem Dokument der Behörde, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, und von einer "Investitionsherausforderung" spricht.

Größter Investitionsbedarf bei der Gebäudesanierung

Den größten Bedarf für klimafreundliche Investitionen sieht die EU mit zusätzlich 120 Milliarden Euro jährlich bei der energetischen Sanierung von Wohngebäuden. Es folgen wirtschaftlich genutzte Gebäude wie Büros oder Fabriken, bei denen aus Sicht Brüssels 75 Milliarden Euro pro Jahr mehr nötig sind. Im Energiebereich fehlen demnach 40 Milliarden jährlich und im Verkehrssektor 20 Milliarden Euro.

Brüssels Billionen-Euro-Plan

Ziel der Kommission ist es, zwischen 2021 und 2030 öffentliche und private Investitionen in Klimaprojekte von "mindestens einer Billion Euro" zu mobilisieren - also ca. 100 Milliarden pro Jahr. Aus dem EU-Haushalt sollen dabei 485 Milliarden Euro kommen. Investitionen würden insbesondere über das InvestEU-Programm erfolgen. Die Mitgliedstaaten sollen sich durch Ko-Finanzierung mit rund 115 Milliarden Euro beteiligen. Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll zudem "Europas Klimabank" werden und ihre Kredite in diesem Bereich verdoppeln.

Hilfe für Regionen beim Ausstieg aus der Kohle

Ein eigener "Mechanismus für einen gerechten Übergang" soll Regionen helfen, aus der Kohle auszusteigen. Die Kommission zählt dabei 108 europäische Gebiete mit 237.000 Beschäftigten, die Mittel beantragen könnten. Gefördert würden etwa die Umschulung von Arbeitnehmern, Investitionen in die Ansiedlung neuer Firmen oder die Dekontaminierung bisheriger Kohle-Produktionsstätten. Über die zehn Jahre bis 2030 sollen dabei 143 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.

Niedrigerer EU-Anteil für Deutschland als für Rumänien

Der Umfang der EU-Hilfe innerhalb des Übergangsfonds hängt aber vom Reichtum der jeweiligen Mitgliedstaaten ab: Je ärmer sie sind, desto weniger müssen die nationalen Regierungen selbst über die Ko-Finanzierung beisteuern. Bei Regionen in Deutschland wie der Lausitz oder dem Rheinischen Braunkohlerevier wären die nationalen Anteile deshalb grundsätzlich höher als bei solchen Gebieten etwa in Rumänien.

Atomkraft

Ausdrücklich ausgeschlossen hat die EU-Kommission im Verordnungsentwurf für den Übergangsfonds Hilfen für den Bau oder die Stilllegung von Atomkraftwerken. Bei ihrem Billionen-Investitionsplan scheint die Frage offen. Hier wird auf die noch nicht abschließend erfolgte Definition für nachhaltige Geldanlagen verwiesen. Eine Entscheidung wird erst im kommenden Jahr erwartet. Auf Druck osteuropäischer Länder und Frankreichs nannte der EU-Gipfel im Dezember Atomkraft aber bereits als mögliche Energiequelle auf dem Weg zur Klimaneutralität.

(APA/dpa)

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