Slowakei

Todesschütze gesteht Mord an Kuciak

Miroslav Marček vor Gericht.
Miroslav Marček vor Gericht.(c) REUTERS (Radovan Stoklasa)
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Der Hauptprozess im Fall des ermordeten Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak und seiner Freundin begann mit einem Knalleffekt; Angeklagter legte ein Geständnis ab.

Bratislava. „Ich habe an die Tür geklopft, Herr Kuciak hat mir aufgemacht, und ich habe ihm sofort in die Brust geschossen.“ So beschrieb am Montag Miroslav Marček vor Gericht die Ermordung des slowakischen Investigativjournalisten Ján Kuciak vor knapp zwei Jahren. Kuciaks in die Küche geflüchteter Verlobter, Martina Kušnírová, sei er nachgelaufen und habe sie durch einen gezielten Schuss in den Kopf getötet. Er habe gewusst, dass sie sofort tot war.

Kuciak habe er zur Sicherheit noch im Weggehen einen zweiten Schuss verpasst. Das Geständnis des Todesschützen war der Knalleffekt zu Beginn der Hauptverhandlung in Pezinok bei Bratislava über die Bluttat vor fast zwei Jahren. Gemunkelt wurde schon länger darüber, dass Marček den Mord gestehen könnte, um einer lebenslänglichen Strafe auszuweichen oder wenigstens sein Gewissen zu erleichtern. Schließlich waren längst Informationen aus Ermittlerkreisen an Medien durchgesickert, wonach Marček der Polizei seine Tat bereits gestanden habe.

Bei der Vorverhandlung am 19. Dezember am Spezialgericht für organisierte Kriminalität in Pezinok war er noch ebenso schweigsam geblieben wie seine Mitangeklagten. Am Montag legte er nach Verlesung der Anklageschrift sein Geständnis ab.

Angepatzter Kronzeuge

Der Mord an dem Investigativjournalisten und seiner Verlobten überschattet die Politik der Slowakei bis heute. Kuciak und Kušnírová waren am 21. Februar 2018 in ihrem Haus im westslowakischen Dorf Velka Maca erschossen worden. Kuciak hatte zuvor über die Verfilzung von Politik und Geschäftemacherei recherchiert.

Seine nach dem Doppelmord veröffentlichte Reportage über mögliche Verbindungen italienischer Mafiaclans zu slowakischen Regierungsmitarbeitern löste Massendemonstrationen gegen Korruption aus. In der Folge traten Langzeit-Regierungschef Robert Fico, mehrere Minister und der Polizeipräsident zurück.

Kuciak hatte vor seiner Ermordung auch über die dubiosen Geschäfte des Unternehmers und Millionärs Marián Kočner berichtet. Der muss sich nun als mutmaßlicher Auftraggeber der Mordtat verantworten. Neben Marček und Kočner sind ein weiterer Mittäter sowie eine Frau angeklagt.

Laut Marčeks Geständnis hatten er und sein Mittäter Kuciaks Wohnort genau erkundet. Ursprünglich sollte der Journalist entführt werden und dann spurlos verschwinden. Doch der Vermittler des Mordauftrags habe auf eine rasche Ausführung gedrängt. Damit belastete Marček jenen Mitorganisator des Mordes, der bereits geständig war. Dieser Zoltan A. hatte der Polizei als Kronzeuge wertvolle Informationen geliefert und erhielt dafür ein eigenes Verfahren. Er wurde am 30. Dezember zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2020)

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