Mobilfunk-Lobby versus 5G-Gegner

Lerchl: "Warnungen vor 5G sind reine Panikmache"

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Die Einführung von 5G hat über die letzten Monate viele Gegner versammelt. Die Interessenvertretung „Forum Mobilfunk“ versucht nun aufzuklären und wiederholte einmal mehr: „5G ist keine neue Technologie“.

Keine Einführung eines neuen Mobilfunkstandards hat je für so kontroverse Diskussionen gesorgt wie 5G. Die Besorgnis darüber ist vor allem online gediehen und hat sich dort rasant über die Ländergrenzen verbreitet. Lange haben Mobilfunker und Unternehmen nicht auf die wachsende Besorgnis reagiert. Vor dem flächendeckenden Start geht man jetzt in die Offensive und will die Bedenken aus dem Weg räumen. Die Wirtschaft sieht in dem ultraschnellen Mobilfunkstandard die Möglichkeit neue Unternehmenslösungen und Geschäftsfelder zu etablieren sowie auch Arbeitsplätze zu schaffen. Kritiker befürchten hingegen, dass die Menschen großen Gefahren und Gesundheitsrisiken ausgesetzt werden. Bei der Pressekonferenz des Forums Mobilkommunikation, einer freiwilligen Interessenvertretung der österreichischen Mobilfunkbranche, hat am Dienstag versucht, die Bedenken aus dem Weg zu räumen.

"Es besteht aus wissenschaftlicher Sicht derzeit keinerlei Grund zur Sorge", sagte der von den Branchenvertretern eingeladene Professor für Biologie an der Jacobs Universität in Bremen, Alexander Lerchl, bei dem Pressegespräch in Wien. „Die Warnungen mancher Ärzte sind reine Panikmache“, erklärt der unter 5G-Gegnern umstrittene Biologe. Seit Jahren befindet er sich im Streit mit einer Wiener Forschergruppe, deren Studie eine Schädigung des Erbguts durch hochfrequente Strahlung belegen soll. Lerchl zweifelte die Ergebnisse an und ortete darin sogar eine Fälschung. Seitdem gilt er unter den kritischen 5G-Stimmen als Lobbyist der Mobilfunkbranche.

"Weder aus tierexperimentellen Studien noch aus klinischen Studien ergeben sich Hinweise für erhöhte Krankheitsraten, erhöhte Tumorraten oder höhere Sterblichkeit durch die Exposition zu elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks", betont Lerchl.

Eine Gruppe von über 200 Ärzten und Wissenschaftern erneuerte indes erst ihre Forderung nach einem Aufschub des 5G-Starts. Sie verweisen auf verschiedene Studien, die die Schädlichkeit von Mobilfunkstrahlung belegen sollen. Die jüngste und größte dieser Studien erschien im vergangenen Jahr und sah einen klaren Zusammenhang zwischen Handystrahlung und Krebs bei Ratten.

Zu all den bestehenden Studien, die die Gefahren von 5G belegen und widerlegen sollen, wurde vom Parlament eine weitere bereits im Sommer des Vorjahres in Auftrag gegeben. In den nächsten Wochen soll das Ergebnis der Studie vorliegen, bestätigt Kropik gegenüber der „Presse“.

>>> 5G zwischen Datenrausch und Krebsgefahr

Lerchl hält diese Studien für "höchst umstritten". Der Biologe wiederholte 2015 im Auftrag des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) ein Experiment des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin. Darin wurde Mäusen ein Mittel injiziert, das Krebs erzeugt. Ein Teil der Tiere wurde danach fast durchgängig Strahlung durch elektromagnetische Felder ausgesetzt. Bei diesen Mäusen wuchsen die Tumore stärker - was auch die Fraunhofer-Forscher 2010 berichtet hatten.

Der Wissenschafter warnt jedoch davor, aus dem Resultat Rückschlüsse auf das Krebsrisiko beim Menschen zu ziehen, da die Tiere fast ununterbrochen bestrahlt wurden. Da Mobilfunk bereits seit 30 Jahren genutzt werde, hätte sich ein solcher Effekt inzwischen bei den Tumor-Neuerkrankungen zeigen müssen. Dies sei nicht der Fall.

Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt, für Zeiträume von mehr als zehn Jahren reiche die Datenlage noch nicht aus. Sie hat hochfrequente elektromagnetische Felder im Mai 2011 als "möglicherweise krebserregend" eingestuft.

Viele irrationale Stimmen in der 5G-Diskussion

Begleitet wurde die heutige Pressekonferenz von Gegnern, die Lerchl vorwerfen, ein "Lügengeschichten-Verbreiter" sowie "Gefälligkeitsforscher" zu sein. Lerchl selbst sah das eher gelassen: "Es wird immer kritische Stimmen geben", sagte er. Es gebe viele irrationale Ängste.

5G soll das Surfen im Internet etwa 100 Mal schneller machen als der derzeitige LTE-Standard. Außerdem werden damit industrielle Anwendungen für die Kommunikation zwischen Maschinen möglich, etwa beim autonomen Fahren, wenn die Fahrzeuge in Echtzeit mit Ampeln und untereinander kommunizieren können. Es handle sich um keine neue Technologie, sondern um ein effizienteres Übertragungsprotokoll. Ein neuer "Mastenwald" müsse daher nicht befürchtet werden, sagte Margit Kropik, Geschäftsführerin des Forum Mobilkommunikation.

5G ist keine neue Technologie

„5G ist keine neue Technologie, sondern nur ein neues, deutlich effizienteres Übertragungsprotokoll und somit eine Weiterentwicklung von Funktechnologien, die wir seit Jahren und Jahrzehnten verwenden. Meldungen, wonach zigtausende neue Masten geplant sind, sind Unsinn. 5G wird zum Großteil auf bestehenden Masten mit neuen Antennen realisiert“, führt Kropik weiter aus.

Durch 5G würden kaum neue Standorte notwendig, sondern es würden vorhandene um- bzw. ausgebaut, so Kropik. Die geplanten sogenannten Small Cells würden dort installiert, wo ein großer Datenaustausch stattfinde, also in Gebieten, wo sich viele Menschen aufhalten. Doch diese würden aussehen wie WLAN-Router und nicht wie Handymasten. Frequenzen gibt es dafür noch gar nicht.

Derzeit wird der neue Mobilfunkstandard erst von Magenta und Hutchison/Drei in einigen Ballungsräumen angeboten. A1 startet in Kürze. Der flächendeckende Ausbau beginnt nach der zweiten Frequenz-Versteigerung im Frühjahr und dauert bis Ende 2023. Zu den Mitgliedsunternehmen der Interessenvertretung zählen aktuell A1 Telekom Austria, Huawei, Hutchison Drei Austria, ms-CNS, Nokia Solutions und Networks Österreich, Samsung, Sony Mobile, SPL Tele, Magenta Telekom, ZTE sowie der FEEI.

(bagre/APA)

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