„Freudenhaus“ nennt Georg Konradsheim den feinen Mix quer über die Epochen; Porsche-Eklektizismus, sozusagen.
Porsche Partnervermittlung

Die Kunst der Restauration

Ein Besuch bei Porsche-Versteher Georg Konradsheim.

Als typischer Gebrauchtwagenhändler geht der Herr Doktor kaum durch, und das liegt nicht allein am akademischen Grad, den sich doch nur wenige Autoplätze in windiger Vorstadt auf die Wimpeln schreiben. Georg Konradsheim, 1962 in Wien geboren, in Niederösterreich am Hundsheimer Berg aufgewachsen, studierte Jus und sah sich eigentlich als Anwalt (eher Wirtschaft, weniger Rufmord und Totschlag), ehe ein Auto dazwischen kam. Was ihn – mutmaßlich, denn so genau weiß er es eigentlich nicht – als frühkindlicher Eindruck beim Studieren eines Magazins prägte, trachtete er, sobald im Besitz der Möglichkeiten, auch zu materialisieren. Die Autos wurden dann immer mehr, wobei man sich den Auftakt schleppend vorstellen muss: Die ersten eigenen Porsche, 914 und 911, um 40.000 bzw. 50.000 Schilling angeschafft (wo sind die Zeiten!), standen einmal ein Weilchen. Es fehlte das Geld zum Anmelden.

Seit 1991 firmiert Konradsheim in der Branche, und sein Name ist synonym mit den Sportwagen aus Stuttgart-Zuffenhausen. Gut 3000 Exemplare müssen es sein, rechnet er nach, denen er ihm Laufe von gut 30 Jahren eine neue Heimstatt vermittelte. Ein Vorgang, bei dem der eigentliche Verkauf der banalste Teil ist. Denn zuerst müssen ja die, um die es geht, Auto und Käufer, zusammenfinden, sodass es was wird mit dem verheißenen Lebens- und Liebesglück, „wie in einem Partnervermittlungsinstitut".

Ausnahmeerscheinung 959: Konradsheims Exemplar, eins der damaligen Versuchsfahrzeuge.
Ausnahmeerscheinung 959: Konradsheims Exemplar, eins der damaligen Versuchsfahrzeuge.(c) Juergen Skarwan

Man müsse nur wissen, was man eigentlich will, denn „verkaufen kann ich überhaupt nicht". Dafür habe er noch nie ein Auto verkauft, dass nicht zu einem gepasst hätte. Zuvor gelte es also allerhand zu klären, das Baujahr etwa, oder besser gleich die Epoche, Schalter oder Automatik, Allrad oder nicht, offen oder zu, ob für Winter, Wochenende, zum gelegentlichen Heizen auf der Bergstraße oder als Daily Driver ins Büro, und da haben wir noch gar nicht von der Farbe gesprochen. Hier beispielsweise rät Konradsheim zu Courage: „Das Auto ist so charakterstark, dass es jede Farbe in Würde trägt. Außer schwarz." Schwarz sei nur deshalb so gefragt, weil es allgemein „an Geschmack und Mut" fehle, nicht weil die Farbe wirklich gefiele. Dass sie oft mit besseren Karten beim Wiederverkauf gerechtfertigt werde, sei unverzeihlich, „nur wegen der Angst, was falsch zu machen".

Was nicht hieße, dass man der Idee der Wertanlage abhold sein müsse, meint Konradsheim. Bloß müsse es immer das „Bestmögliche" sein, ob es um Möbel, Bilder, Uhren oder eben Autos gehe. So gilt das kleine Autohaus in Vösendorf (er sagt auch „Freudenhaus" dazu) als erste Adresse für rare Varianten, gern in ausgefallener Original-Lackierung, mit Technik und Erscheinung durchwegs in exzellentem Zustand. Der ist sozusagen Konradsheims Mehrwertversprechen, denn der Mann gilt als strenge Instanz im Fach der Restaurierung. Die nimmt er nicht im eigenen Haus vor, sondern beauftragt eine Handvoll Spezialisten in Österreich und Deutschland. „Wenn sich die Türe so schließt wie bei einem Auto, das nie zerlegt war, und wenn es auch so fährt – das ist die höchste Stufe."

»Probefahrt?
„Ich bin Probe gefahren“, sagt Konradsheim.«

Konradsheims Porsche-Puritanismus erfordert zuweilen eine Lernbereitschaft, die nicht alle Kunden zu leisten bereit sind. Als günstige Adresse gilt er nicht, was er schulterzuckend quittiert: „Günstig kommt am Ende meist teurer." Auch mag staunen, wer eine Probefahrt für selbstverständlich hält. „Ich bin Probe gefahren", sagt er drauf. Das ist nicht so anmaßend, wie es klingt. Ein mustergültig renoviertes Auto fühle sich „nicht wie ein renoviertes Auto" an. Eigentlich dürfe man ein Auto erst dann restaurieren, „wenn man das gleiche unrestauriert hat". Der ideale Zustand entspreche dem Tag der Erstauslieferung.

Auf dem Weg dorthin käme es öfters zu Missverständnissen in der Branche. „So lässig, wie früher lackiert wurde, als der Arbeiter halt auch irgendwann fertig werden wollte, sind wir heute nicht." Da werde zum Beispiel der Kofferraum penibel lackiert, wo im Original „nur reingenebelt" wurde. Nicht bei Konradsheim, für den es vor allem authentisch sein muss: „Schön ist, wenn es richtig ist." Ein 75er-Baujahr sei anders als ein 74er oder 76er. Ein Auto, das nicht aufbereitet ist, habe seine „Kur" noch vor sich.

Als hilfreich erweisen sich Expertise und Fachwissen, mit dem Konradsheim zum Grund der Materie vordringt. Sein „Carrera RS"-Buch gilt als Bibel mit archivarischem Tiefgang. Können Kunden derlei Kunstsinnigkeit überhaupt folgen? „Man kann sie hinleiten. Ich bin ja auch froh, wenn ich ins Museum gehe und eine Führung bekomme." Mit dem Ergebnis: „Jetzt weiß der Kunde, was er hat."

Konradsheim über den Mythos 911: „Diese Lebensfreude, die das Auto ausstrahlt!“
Konradsheim über den Mythos 911: „Diese Lebensfreude, die das Auto ausstrahlt!“ (c) Juergen Skarwan

Konradsheims persönliche Leidenschaft entbrennt eher nach dem 356 und reicht bis zur Generation 993, dem letzten der luftgekühlten 911er. „Da hat's dann aufgehört." Ein alter 911er sei eine „fahrende Burg". Von den Alten habe der „2,2-Liter" den besten Klang, und der 928, 1977 in Genf präsentiert, würde immer noch zu Unrecht übersehen. Dabei spüre man, dass er von den gleichen Leuten gemacht wurde, „zeitlos, nur nicht modisch, solide, pflegeleicht, ausbaufähig". Man habe ihn nur falsch positioniert, als neuen Porsche statt als neues Spitzenmodell. „Fuhrmann wollte den 911 auslaufen lassen, weil man nicht dachte, dass man alles unter einen Hut kriegen würde", all die neuen Standards für Emissionen und Sicherheit.

Statt dem Ende kam bekanntlich die Eskalation: mit dem 959, Porsches Supercar der 1980er. Konradsheims Exemplar ist weiß, ehemaliges Versuchsfahrzeug, einst in Piëch-Hand. Und noch Single.

("Die Presse - Fahrstil", Print-Ausgabe, 16.01.2020)

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