Gesundheitsminister Anschober plant eine fünfjährige Höhere Lehranstalt für Sozialbetreuung und Pflege - mit Maturaabschluss.
Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) hat nach dem Ministerrat am Mittwoch neuerlich die Dringlichkeit von Reformen im Pflegesektor betont. Mit dem in der Regierungssitzung abgehandelten Schulversuch für bis zu 150 Schüler im Pflege-Sektor soll die Lücke nach der Sekundarstufe geschlossen werden, meinte der Ressortchef. In einem Jahr werde man das Modell evaluieren, dann "in die Breite gehen".
"Es gehen heute die Ausschreibungen für die verschiedenen Standorte bereits hinaus", gestartet werde dann im September, sagte der Minister. Der Plan sieht vor, eine fünfjährige Höhere Lehranstalt für Sozialbetreuung und Pflege zu schaffen, die man mit Matura abschließen kann. Die Kosten für die allgemeinbildenden Unterrichtsfächer werden vom Bund getragen, jene für die facheinschlägige Ausbildung in der Pflegeassistenz/Pflegefachassistenz von den Bundesländern.
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Darüber hinaus verwies Anschober auf die von ihm bereits kommunizierten Pläne im Pflegebereich: Es werde ein großes Paket für die pflegenden Angehörigen zu schnüren sein, als zweiten Punkt sei ihm die Qualitätssicherung bei der 24-Stunden-Betreuung daheim ein sehr wichtiges Anliegen. Und als dritten "großen Punkt" nannte er das Ziel, die Zahl der Pflegefachkräfte deutlich zu erhöhen, "weil wir wissen, das wir bis 2030 einen zusätzlichen Bedarf von rund 75.000 Pflegekräften haben". In den nächsten Wochen werde die angekündigte "Taskforce Pflege" starten und dann auch die Zielsteuerungsgruppe von Bund, Ländern und Gemeinden. Ein wichtiges Anliegen ist es Anschober, auch auf die Hilfsorganisationen zuzugehen. Es gelte, die NGOs "in diesen Arbeitsprozess" zu integrieren.
Wichtig sei auch, die Arbeitsbedingungen im Pflegesektor zu verbessern, betonte der Ressortchef. "Es ist ein Bereich, der eine enorme Wertschätzung verdient. Es ist einer der schwierigsten Berufe überhaupt, aus psychologischer aber auch aus physischer Sicht." Die Pflege sei aber nicht nur Thema für die unmittelbar Betroffenen selbst, sondern eines, "von dem wir alle betroffen sind" - oder einmal betroffen sein werden, sagte er.
Belakowitsch und Kickl gegen "Akademisierung"
Kritik an dem geplanten Schulversuch FPÖ kam am MIttwoch von der FPÖ. Klubobmann Herbert Kickl und Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch meinten, man solle die Ausbildung nicht weiter "akademisieren". Statt des Abschlusses mit Matura fordert die FPÖ eine "niederschwellige" Ausbildung und favorisiert eine Pflegelehre.
Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker verwies in einer Aussendung darauf, dass die Ausbildung erst 2016 reformiert worden sei: "Daran braucht man jetzt nicht schon wieder herumdoktern." Viel wichtiger und dringender wäre, die Pflegekräfte endlich aufzuwerten: Mit mehr Rechten, mehr Handlungsspielraum und einer besseren Vergütung von pflegerischen Leistungen durch die Kasse. Vorsichtig positiv äußerte sich Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl: "Die Pflegeproblematik rasch anzugehen, ist ganz im Sinne der AK." Der geplante Schulversuch sei ein richtiger erster Schritt.
Bei der Caritas zeigte man sich erfreut, dass der Weg für den Start der ersten Höheren Lehranstalt für Sozialbetreuung und Pflege in Gaming frei sei. Schon im Herbst soll gestartet werden.
(APA)