Managementwahnsinn - Wahnsinnsmanagement

Wie Sie den Verkauf Ihres Unternehmens zum Scheitern bringen

Kolumne "Hirt on Management": Folge 116. Nach Ihnen die Sintflut.

In unserer Rubrik „Hirt on Management“ schreibt Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach und Keynote Speaker alle zwei Wochen über herausfordernde Situationen und kritische Entscheidungen für Manager.

Frage an Michael Hirt:

Was sind die größten Fehler beim Verkauf eines mittelständischen Unternehmens?

Michael Hirt antwortet:

Klammern Sie so lange wie möglich am Steuerrad fest
Ermöglichen Sie nur Ja-Sagern und gefälligen Persönlichkeiten, den Aufstieg oder Einstieg in ihr Unternehmen, damit ja keine starke Nachfolgepersönlichkeit entsteht.

Wenn doch eine starke Persönlichkeit auftaucht, dann werden Sie diese innerhalb kürzester Zeit mit Schimpf und Schande wieder los. 

Lassen Sie sich bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter überhaupt ausschließlich von Ihrem Bauchgefühl leiten, anstatt dabei professionelle Hilfe und Beratung in Anspruch zu nehmen. 

Penny-wise and Pound-foolish
Weil wir schon bei der Beratung sind. Engagieren Sie bloß keinen professionellen Berater, der Ihnen einen exklusiven und professionell gesteuerten Verkaufsprozess durchführt und dafür ein angemessenes Honorar erwartet. 

Vergeben Sie lieber über die Jahre verschiedene nicht-exklusive Mandate an Berater zu Diskonthonoraren und erzählen Sie auch sonst so jedem der Ihnen opportun erscheint, von Ihren Verkaufsabsichten. 

Ein „Shopped Deal“
Das wird dazu führen, dass sich in Ihrer gesamten Branche und dem gesamten Markt herumspricht, dass Ihr Unternehmen zu verkaufen ist und dass Sie laufend mit potentiellen Interessenten konfrontiert werden, die in Wirklichkeit zu Ihrem Unternehmen nicht passen, Ihnen dafür aber Ihre Zeit stehlen. 

Bei den seriösen Interessenten entsteht in der Zwischenzeit der Eindruck, dass Ihr Unternehmen in Wirklichkeit unverkäuflich ist oder Sie gar nicht ernsthaft verkaufen wollen und diese schreiben das Ganze ab. 

Keine Investment Story
Bemühen Sie sich nicht eine attraktive Investment Story, samt Prognosezahlen, für die erfolgreiche Zukunft Ihres Unternehmens zu formulieren, sondern geben Sie potentiellen Investoren einfach einen Zahlenfriedhof Ihrer Vergangenheitsdaten mit einer wackligen Prognose für das laufende Jahr. Lassen Sie die Investoren darüber hinaus, abgesehen von allgemeinen Behauptungen, im Dunkeln über das Potential Ihres Unternehmens. 

Absurde Kaufpreisforderungen
Stellen Sie absurd hohe Kaufpreisforderungen, möglichst gleich beim Erstkontakt mit Interessenten, in den Raum. Sie denken vielleicht, dass Sie dadurch, frei nach der Methode „Bazar“ den erzielbaren Kaufpreis erhöhen. 

In Wirklichkeit vertreiben Sie damit nur seriöse Kaufinteressenten, die für die langfristige Zukunft Ihres Unternehmens stehen und verschwenden die Zeit aller Beteiligten. 

Ignorieren Sie objektive Marktdaten
Wischen Sie alle seriösen und auf objektiven Marktdaten beruhenden Bewertungen Ihres Unternehmens vom Tisch. Bleiben Sie stattdessen stur bei Ihrer absurd hohen Kaufpreisforderung und verlangen Sie einen „strategischen“ Preis, der die Chancen Ihres Unternehmens in der Zukunft einkalkuliert.

Beachten Sie dabei aber nicht, dass ein vernünftiger Käufer ja nicht für eine Zukunft zahlen möchte, für die er selber erst hart arbeiten und hart verdientes Geld investieren muss.

Wunderglaube, statt gesundem Menschenverstand
Zusammengefasst: Missachten Sie die kaufmännische Vernunft und den gesunden Menschenverstand, sondern hoffen sie einfach auf ein Wunder.

Damit stellen Sie sicher, dass Sie Ihren Erben ein spannendes Problem hinterlassen, das in vielen Fällen in einem Notverkauf oder schlimmer endet. Wie sagte schon Ludwig XIV: „Nach mir die Sintflut.“

Das Wichtigste in Kürze

Wenn Sie den Verkauf Ihres Unternehmen erfolgreich sabotieren möchten, werfen Sie den gesunden Menschenverstand einfach über Bord und gehen möglichst blauäugig und schlecht beraten in dieses, für die meisten Unternehmer einmalige, Abenteuer hinein. Wie sagte schon Ludwig XIV: „Nach mir die Sintflut.“

In der nächsten Kolumne werden wir sehen, was wir von Henry Kissinger, einem beinharten Pragmatiker und Realpolitiker lernen können.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

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Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Michael Hirt ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu außergewöhnlichen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, den USA (Harvard LPSF) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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