Die Ich-Pleite

Für die Zukunft unseres Planeten

(c) Carolina Frank
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Neujahrsvorsätze sind etwas für Masochisten. Sie tun weh, wenn man sie einhält, und sie tun weh, wenn man sie nicht einhält.

Ich habe beschlossen, angesichts der Weltlage heuer auf meinen Dauerneujahrsvorsatz (weniger Süßes) zu verzichten. Stattdessen werde ich CO2 sparen. Denn die Zukunft unseres Planeten ist größer als die eigene Gesundheit! Natürlich kann man als Einzelmensch wenig bewirken. Vor allem, wenn andere Einzelmenschen in der Klimakrise Fake News sehen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Millionen Neujahrsvorsätze das kostet. Aber ich will mich nicht gleich demotivieren. Als Erstes werde ich auf das Fleischessen verzichten. Sicher, das tut im Moment nicht sehr weh, denn Gemüse schmeckt mir sowieso besser und die Verdauung ist nach all den gestopften Truthähnen und gebackenen Karpfen leider im Jahr 2019 stecken geblieben. Außerdem werde ich auf das Autofahren verzichten. Ich weiß schon, ich besitze keinen Führerschein – manche würden sagen, das ist Feigheit vor dem Neujahrsvorsatz –, aber ich werde auch mit dem Taxifahren aufhören. Und das sag ich jetzt nicht, weil meine finanziellen Reserven wegen der ­vielen Weihnachts . . . äh . . . geschenke deutlich zusammengeschmolzen sind. Zum Beweis nehme ich mir auch vor, mit niemandem mitzufahren. Jedenfalls mit niemandem, der kein E-Auto besitzt. Oder sich nicht zumindest eines anschaffen möchte. Das Fliegen lasse ich ebenfalls. Ich beginne gleich mit meinem Tel-Aviv-Flug. Von diesem trete ich auf der Stelle und ohne Stornoversicherung zurück. Endlich einmal ein Neujahrsvorsatz, den ich auch einhalten werde. Aber ich gebe zu, da hatte ich einen Helfer wider Willen. Denn es war derselbe, der das Pariser Klimaabkommen nicht unterzeichnet hat.

("Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 17.01.2020)

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