Umfrage

Die ignorierte Lücke im Alter

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Die Österreicher sind sich bewusst, dass sie im Alter ihren Lebensstandard nicht halten können und vor allem die Pflege ein Kostenrisiko ist. Kaum jemand macht aber etwas dagegen.

Wien. Bei wohl nur wenigen Zukunftsthemen weichen Fakten und die daraus gezogenen gedanklichen Schlüsse so stark von den realen Handlungen ab, wie beim Thema Pension und Pflege. So verweisen Organisationen wie die OECD regelmäßig darauf, dass in Österreich die Lebenserwartung stetig steigt und das Pensionssystem angepasst werden muss. Von der Politik – auch der türkis-grünen Bundesregierung – wird das aber geflissentlich ignoriert.

Ähnlich ist auch das Verhalten der Österreicher, wenn es um ihre individuelle Situation im Alter geht, wie eine Imas-Umfrage im Auftrag von Erste Bank und Wiener Städtischen zeigt. So erwarten 31 Prozent der Befragten, dass es eine staatliche Pension in der heutigen Form bei ihrem Pensionsantritt nicht mehr geben wird. Vor allem die Jüngeren seien in dieser Frage naturgemäß wesentlich skeptischer als jene, die den Pensionsantritt bereits kurz vor sich haben. Die Skeptiker erwarten mit überwiegender Mehrheit – jeweils rund 90 Prozent der Befragten –, dass die Menschen mehr private finanzielle Vorsorge werden treffen müssen, das Pensionsantrittsalter deutlich erhöht wird und es Kürzungen bei den staatlichen Pensionen geben wird.

Immer mehr über 80-Jährige

Sich nur auf die staatliche Pension zu verlassen ist laut der Umfrage für die meisten keine sonderlich erquickende Vorstellung. So gehen 70 Prozent davon aus, dass sie ihren Lebensstandard werden verringern müssen, wenn sie nur von den Leistungen des Staats leben müssen. Vor allem die Pflege wird von den Österreichern – und von der heimischen Politik – zunehmend als Problem erkannt.

Pflegebedürftigkeit geht nämlich mit dem Altern einher. Und älter werden die Österreicher konstant. So waren hierzulande laut Zahlen des Wifo im Jahr 2017 noch rund 436.000 Personen älter als 80. Diese Zahl soll im Jahr 2030 bereits auf 636.000 gestiegen sein. Im Jahr 2050 soll mit knapp 1,1 Millionen über 80-Jährigen dann schon mehr als jeder zehnte Österreicher in diese Altersklasse fallen.

Wenn jemand schlussendlich pflegebedürftig wird, bedeutet es in der Regel auch eine große finanzielle Belastung. Vor allem dann, wenn die beliebteste Form der Pflege – die 24-Stunden-Betreuung in den eigenen vier Wänden – erfolgen soll. Anders als bei der Betreuung in einem Heim übernimmt hier nämlich nicht der Sozialstaat die Kosten, wenn Pension und Pflegegeld nicht für die Bezahlung ausreichen. Befragt nach der erwarteten finanziellen Lücke im Fall einer späteren Pflegebedürftigkeit gehen die Österreicher von einer Unterdeckung von etwa 1550 Euro im Monat aus.

Dennoch reagiere nur eine Minderheit auf diese Situation mit einer konkreten Handlung, sagt Manfred Bartalszky, Vorstand bei der Wiener Städtischen. So hätten lediglich etwa zehn Prozent der Österreicher im Rahmen von privaten Vorsorgeprodukten das Thema Pflege zumindest angeschnitten. Reine Pflegeversicherungen würden überhaupt nur von ganz wenigen abgeschlossen werden.

Warten auf Politik

Zum Teil lässt sich diese Zurückhaltung, privates Geld in die Hand zu nehmen, sicherlich auch mit dem zunehmenden Druck auf die Politik erklären. So zeigte die Abschaffung des Pflegeregresses im Wahlkampf 2017 ja, dass gesetzliche Änderungen hier sehr plötzlich passieren können. Laut türkis-grünem Regierungsprogramm soll eine staatliche Pflegeversicherung eingeführt werden. Wie diese konkret aussehen wird, ist aber noch weitgehend offen.

Ebenfalls eingeführt werden soll auch, dass private Pensionsvorsorge künftig auch ohne Kapitalgarantie angeboten werden darf. Ob das viel ändern wird, ist aber offen. So erklärten in der Umfrage nämlich 55 Prozent der Befragten, dass ihnen kein Risiko bei der Veranlagung das wichtigste Kriterium bei der privaten Altersabsicherung ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2020)

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