Fahrbericht

Volvo: Diesel mit elektrischer Hilfe

Knapp fünf Meter lang, knappe 2,3 Tonnen: Der Fußabdruck des XC90 ist schon äußerlich imposant. Aber Volvos nimmt man das weniger krumm.
Knapp fünf Meter lang, knappe 2,3 Tonnen: Der Fußabdruck des XC90 ist schon äußerlich imposant. Aber Volvos nimmt man das weniger krumm. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Volvo setzt auf die Elektrifizierung und stellt sogar seinen Dieselmotoren einen sanften Elektromotor zur Seite. Auf den Verbrauch wirkt sich das beim Flaggschiff XC90 des schwedischen Herstellers nicht merkbar aus.

Wien. Früher einmal konzentrierte sich Volvo bei seinen Autos vor allem auf eines: auf die Sicherheit. Da blieb keine Zeit und wenig Geld für Design. Die Autos waren sicher wie ein Panzer – und sahen auch so aus. Der 240er etwa, den man 1974 präsentiert und bis 1993 äußerlich weitgehend unverändert verkauft hat.

Angesprochen haben die Autos eine ganz bestimmte Käuferschicht – so bestimmt, dass Volvo-Käufer in den USA beispielsweise im politischen Wahlkampf erst gar nicht mit Werbung von republikanischen Präsidentschaftskandidaten belästigt wurden. Sie galten als linke Intellektuelle und typische Demokraten-Wähler.

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Autos grundlegend gewandelt und mit ihnen die Käuferschicht, die stetig gewachsen ist. Die Schweden haben zuerst die Bedeutung von Design entdeckt und unter dem aktuellen Besitzer, dem chinesischen Autokonzern Geely, auch den Luxus. Geely setzt die Ansprüche seiner Landsleute – hochwertige Materialien und edle Verarbeitung – in der schwedischen Marke kompromisslos und recht erfolgreich um.

Damit stößt man mittlerweile weit in die Premiumliga vor, was sich freilich auch im Preis niederschlägt. Billig waren Volvos nie, aber das Flaggschiff XC90 beginnt in Österreich bei 67.119 Euro. Von den Deutschen hat man nicht nur die Kunst des qualitätsvollen Autobaus übernommen, sondern auch die der Preisgestaltung: Mit einigem Sonderzubehör wird der XC90 schon knapp sechsstellig.

(c) Die Presse (Clemens Fabry)

Diesel- und Elektromotor

Dafür bietet man aber auch viel, ein Kollege bezeichnete den XC90 gar als „Range Rover für Arme“ (da hatte er freilich die Preisliste noch nicht gesehen). Im großzügigen und opulenten Innenraum dominieren edle Materialien, die fein verarbeitet wurden. In der Mitte des Armaturenbretts gibt es ein großes Display (Tesla lässt grüßen), über das alle Funktionen wie Navigation, Klimaanlage, Musik gesteuert und kontrolliert werden (nach einer Eingewöhnungsphase sogar recht flott).

Irritiert hat uns daher umso mehr, wie gut wir im Innenraum unseres Testmodells den 235 PS starken Dieselmotor gehört haben. In einer anderen Umgebung hätte das vielleicht nicht gestört, das vor allem unter Last gut vernehmbare Motorengeräusch passt aber nicht zum noblen Ambiente.

Damit sind wir schon beim Alleinstellungsmerkmal dieses Volvos, der Kombination aus Diesel- und Elektromotor. Die Schweden gehen einen eigenständigen Weg, in dem sie auch ihren Zweiliter-Dieselmotoren elektrische Unterstützung geben. Im Fall des XC90 durch ein 48-Volt-Mild-Hybrid-System. Sinn des Systems ist es, beim Verbrauch sparen zu helfen.

Einen anderen Effekt des Starter/Generators mit seiner Leistung von zehn kW (knapp 14 PS) erlebten wir jüngst beim Test des kleineren Bruders XC60. Da half es, das Turboloch des Verbrenners ausgleichen. Beim großen und um mehr als 200 Kilogramm schwereren XC90 (2187 Kilogramm) funktioniert das nicht. Das Mild-Hybrid-System ist für das große SUV einfach zu schwach. Sanft bleibt nur das langsame Losfahren an der Ampel nach dem Einschalten der Start-Stopp-Automatik. Das Auto gleitet die ersten Meter still dahin, bevor der Diesel wieder in den Innenraum grüßt.

Die im Prospekt versprochenen großen Einsparungen beim Verbrauch haben sich in unserem Test auch nicht wirklich bemerkbar gemacht, der XC90 B5 kam bei vielen Pendlerfahrten in die Stadt auf einen Schnitt von 9,3 Liter auf 100 Kilometer.

Dafür hat das Mild-Hybrid-System einen anderen großen Vorteil: Es drückt wegen der geringeren NoVA den Einstiegspreis auf die erwähnten 67.119 Euro. Für den vergleichbaren Verbrenner bezahlt man fast 8500 Euro mehr.

Daten

Maße: L/B/H: 4950mm/2140mm/1776mm. Radstand: 2984mm; Eigengewicht laut Zulassung: 2187 kg.

Antrieb: B5 Mild Hybrid; Vierzylinder-Turbodieselmotor, Hubraum: 1969 ccm, Leistung: 235 PS, AWD, Achtgang-Automatikgetriebe, Beschleunigung von 0–100 km/h: 7,6 Sekunden.

Verbrauch: laut Prospekt 6,6 bis 7 Liter/100 km, CO2-Emissionen: 172–184 g/km. Testverbrauch: 9,3 Liter/100 km. Preis: ab 67.119 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2020)

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