Massenhysterie

TikTok und der Dritte Weltkrieg

FILE PHOTO: Man walks past a sign of ByteDance's app TikTok, known locally as Douyin, at an expo in Hangzhou
FILE PHOTO: Man walks past a sign of ByteDance's app TikTok, known locally as Douyin, at an expo in HangzhouREUTERS
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Mit einem vermeintlichen Erklärvideo mit Halbwahrheiten und Falschinformationen zu einem möglicherweise bevorstehenden dritten Weltkrieg machte eine 18-jährige Münchnerin nicht nur ihren 2,2 Millionen jungen Followern Angst. Nun will sich die Digitalbeauftragte Dorothee Bär mit den Betreibern der chinesischen Plattform treffen.

Laura Sophie ist eine 18-jährige Münchnerin und in ihrer Freizeit sehr aktiv auf der Videoplattform TikTok. Normalerweise unterhält sie ihre 2,2 Millionen TikTok-Nutzer mit Tanzvideos oder Tipps für den Schulalltag. Mit einem Video über einen möglichen dritten Weltkrieg wurde sie über die Plattform-Grenzen bekannt.

In dem Video spricht sie davon, dass der gezielte Mord an "einem der wichtigsten Männer im Iran", Qasem Soleimani, zwangsweise zu einem Weltkrieg führen werde. Denn die USA seien Mitglied der Nato und die würden den Amerikanern helfen. Und sie fügt hinzu: "Iran verfügt über extrem viele Atombomben und gefährliche Waffen. Wenn da eine hochgeht, sind wir alle futsch".

Video gelöscht, aber trotzdem viral

Das Video hat sie mittlerweile entfernt und sich für die vielen Falschinformationen darin entschuldigt, denn die Nato ist ein Verteidigungs- und kein Angrifssbündnis. Auch die Aussage über Irans Atombomben ist schlicht falsch.

Doch einmal hochgeladen, ist es schwierig bis nahezu unmöglich das Video wieder zu entfernen. Es verbreitete sich rasend schnell auf anderen Plattformen und sorgte für große Verunsicherung.

Es ist das erste Mal, dass ein TikTok-Video für so viel Aufsehen sorgt. Das geht sogar so weit, dass sich die deutsche Digitalbeauftragte Dorothee Bär (CSU) mit dem Betreiber Bytedance treffen wird. Dabei wird es voraussichtlich nicht nur um das Video der 18-jährigen Münchnerin gehen, sondern auch um Zensur und Diskriminierung. Denn TikTok wird regelmäßig vorgeworfen, dass gewisse politische Inhalte - vor allem in China selbst - zurückgehalten werden. Und auch, dass behinderte Menschen nicht gezeigt werden, steht in der Kritik.

"Wir sind überzeugt von den Grundprinzipien eines freien, offenen Internets. Ich finde es grundsätzlich problematisch, wenn sich Unternehmen diesen Prinzipien entgegenstellen", erklärte Bär bereits im November des Vorjahres in der „Welt am Sonntag".

Eltern müssen aufklären

Immerhin zählt TikTok mehr als fünf Millionen deutsche, vornehmlich junge Nutzer. Die jungen Nutzer sind leicht zu beeinflussen und zu verängstigen. In den USA, wo der #WWIII-Trend seinen Anfang nahm, war sogar die Webseite des Selective Service zeitweise nicht mehr erreichbar. Die US-Behörde gibt dort Auskunft darüber, welche Wehrpflichtigen bei einem Verteidigungsfall eingezogen werden würden.

Der deutsche Kinderschutzbund sieht hier die Verantwortung nicht nur bei der Politik, sondern auch bei den Eltern. „Die aktuelle politische Situation und die damit verbundenen Angriffe können selbstverständlich Angst und Verunsicherung bei Kindern und Jugendlichen auslösen“, erklärt Cordula Lasner-Tietze, die Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes. Neben der Fähigkeit, zwischen richtigen Informationen und „Fake News“ zu unterscheiden, sei auch das Gespräch mit den Eltern nötig, um mit Ängsten besser umgehen zu können.

Vom Schneeball zur Lawine

Denn auf den Plattformen entwickelt sich aus einem Schneeball schnell eine Lawine. Ein Video zu einem Trend wird - den Algorithmen sei Dank - prominent platziert. Damit erzielt man schnell Reichweite, das wiederum motiviert andere Nutzer dazu, ihre eigenen Beiträge dazu zu machen.

Eine böse Absicht steckt nur in selten Fällen dahinter. Es wird einfach getan, was derartige Plattformen kultiviert haben: Likes, Follower und Reichweite generieren, um bekannt zu werden, um Einfluss zu haben.

Laura kümmert sich indes wieder auf Tanzvideos und Beiträge wie "Wer von euch ist auch so 'ne absolute Niete im Kochen?".

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