Agrar

EU-Prüfung und Preissturz: Bauern in der Bio-Falle

Die Konkurrenz nimmt auch bei Biobauern zu. Die Preise für Bio-Getreide purzeln.
Die Konkurrenz nimmt auch bei Biobauern zu. Die Preise für Bio-Getreide purzeln.APA/AFP/dpa/CARSTEN REHDER
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Österreichs Lebensmittelexport boomt. Doch gerade teurere (Bio-)Waren hinken nach.

Berlin/Wien. Österreich ist der Feinkostladen Europas! Dieses Mantra tragen heimische Agrarfunktionäre seit Jahren vor sich her. Nur allerfeinste und hochwertigste Produkte würden teuer ins Ausland verkauft. Das entspricht zwar vielleicht dem Selbstverständnis der Branche, in harten Euros gerechnet ist es mit dem „Feinkostladen Österreich“ aber nicht so weit her.

Nicht, dass Qualität aus Österreich keine Abnehmer fände. Ganz im Gegenteil. Im vergangenen Jahr stiegen die heimischen Agrar- und Nahrungsmittelexporte nach einer Prognose der Agrarmarkt Austria (AMA) um 6,5 Prozent auf ein Allzeithoch von 12,3 Milliarden Euro. Die Importe stiegen im selben Vergleichszeitraum nur um 4,6 Prozent auf 12,7 Mrd. Euro. Die Differenz ist so klein wie lang nicht mehr. Doch blickt man auf den Wert pro Kilogramm importierter und exportierter Ware, ist die Lage weniger rosig. Österreich bekommt pro Kilo im Export deutlich weniger, als es im Import bezahlen muss. Im Vergleich zum Haupthandelspartner Deutschland hat sich diese Bilanz zuletzt sogar noch verschlechtert.

Ein Grund für diese Entwicklung: „Die Konkurrenz im Ausland wird stärker“, sagt Franz Windisch, Aufsichtsratsvorsitzender der AMA zur „Presse“. Gerade in der Biolandwirtschaft hätten die Schweiz und auch Deutschland große Sprünge nach vorn gemacht. Das bekämen nun eben auch die heimischen Landwirte zu spüren.

Preissturz um 25 Prozent

Vor zwei Jahren habe es eine große Umstiegswelle von der konventionellen auf die biologische Landwirtschaft gegeben – nicht nur in Österreich. Hierzulande sind rund 16.000 Biobauern aktiv. Für manche von ihnen wird es am Markt zunehmend eng. Im heimischen Lebensmittelhandel stecken Bio-Produkte mit einem konstanten Marktanteil von zehn Prozent immer noch in der Nische fest, im Ausland wächst die Konkurrenz. Die logische Folge sind fallende Preise für Bio-Rohstoffe. Beim Getreide habe es im Vorjahr einen Preissturz von 25 Prozent gegeben, sagt Windisch. Viele Landwirte, die auf bio umgestiegen sind, müssten nun höhere Standards und Anforderungen erfüllen, fallen nun aber um den erwarteten Aufpreis um.

Zittern um Bio-Status

Dabei haben die heimischen Biobetriebe bereits genug Probleme am Hals. Nach einer Prüfung der EU dürften Tausende von ihnen den „Bio-Status“ wieder verlieren, da Österreich verpflichtet wurde, Ausnahmeregelungen für Biobauern wieder zurückzunehmen. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) verteidigt die heimischen Ausnahmen. Oft sei es den Biobauern in Österreich gar nicht möglich, Rinder etwa wie gefordert auf der Weide zu halten, weil die Tiere dafür täglich über Umfahrungsstraßen getrieben werden müssten.

Wie viele Bio-Landwirte letztlich betroffen sein werden, will sie noch nicht abschätzen. Die Verhandlungen mit der EU seien noch im Gang. Nächste Woche kommt der neue EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski nach Österreich. Am Programm stehe laut Köstinger auch der Besuch eines Biobauernhofs. Damit sich die EU „ein Bild machen kann, warum bei uns manches anders ist als anderswo.“

WER KAUFT WAS?

Österreichs Agrarexporte stiegen im Vorjahr auf den Rekordwert von 12,3 Milliarden Euro. Die Importe liegen bei 12,7 Mrd. Euro. Damit ist das Außenhandelsdefizit im Lebensmittelbereich so gering wie seit Jahren nicht.

Mehr als ein Drittel aller heimischen Lebensmittelexporte landen in Deutschland. Spitzenreiter sind Speck, Wurst und Käse. Größter Einzelposten ist der Verkauf von Energydrinks in die USA.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2020)

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