Regierungsprogramm

Medienpolitik, ein bisschen

Gerald Fleischmann kümmert sich im Bundeskanzleramt um die Medienpolitik.
Gerald Fleischmann kümmert sich im Bundeskanzleramt um die Medienpolitik.APA/HERBERT NEUBAUER
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Große Umwälzungen hat die Regierung im Medienbereich nicht vor. Der ORF muss ein neues Gesetz nicht fürchten.

Gerald Fleischmann hat am Schreibtisch des ehemaligen Regierungssprechers Peter Launsky-Tieffenthal im Bundeskanzleramt Platz genommen und dessen Aufgaben übernommen. Er sorgt nun nicht nur für die Koordination der Öffentlichkeitsarbeit der Regierung, er kümmert sich für ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz, der die Medienagenden ins Bundeskanzleramt geholt hat, auch um diese. Eine Doppelfunktion, die manchen sauer aufstößt. Die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger etwa hält das für „dem Grunde nach unvereinbar“. Fleischmann kann das nicht nachvollziehen und will sich darauf auch nicht einlassen. Der ehemalige Kurz-Sprecher betont, er sei seit rund zwei Jahren kein Pressesprecher mehr. Er sei auch „kein Politiker. Ich leite eine Stabsstelle.“ Er verstehe sich eher als „Experte für medienpolitische Fragen“.

Die da wären? Es gehe um die finanzielle, strukturelle und inhaltliche Stärkung des Medienstandorts im internationalen Wettbewerb, sagt Fleischmann. Im Regierungsprogramm bleibt vieles vage . . . Und: Was nicht im medienpolitisch schlanken Programm steht, dürfte – zumindest vorerst – auch nicht mehr groß diskutiert werden.

Keine große ORF-Reform

„Wir stehen für einen unabhängig finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, heißt es in der türkis-grünen Vereinbarung. Und: Man will eine „gesetzliche Verankerung der stärkeren Zusammenarbeit zwischen ORF und Privaten“. Unabhängig finanziert heißt: Das Geld für den ORF soll auch weiterhin nicht aus dem Budget kommen. Es wird auch keine Haushaltsabgabe geben, wie sie die Grünen wollten. Die Gebührenfinanzierung des ORF bleibt. Kein Wort verliert das Regierungsprogramm über die ORF-Struktur, den Stiftungsrat, die Zusammensetzung der ORF-Führung. Dass der Alleingeschäftsführer durch ein vierköpfiges Vorstandsgremium ersetzt werden könnte, wie es die türkis-blaue Regierung bereits ausverhandelt hatte, ist wieder vom Tisch. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sitzt somit wohl bis zum Ende seiner Amtszeit Ende 2021 fest im Sattel.

Er kann sich über die Regierungspläne freuen, denn die Maßnahmen laufen im Grunde auf eine Stärkung des ORF hinaus. Fix ist, dass es zu einer Öffnung des ORF-Archivs kommen soll. Die Sieben-Tage-Frist (womit der ORF seine Inhalte maximal eine Woche online zur Verfügung stellen darf), wird fallen. Der seit Jahren diskutierte ORF-Player, der internationalen Streaming-Anbietern und Internetkonkurrenten wie Google oder YouTube ein heimisches Angebot entgegensetzen soll, wird (unter diesem oder einem anderen Namen) kommen: Der Öffentlich-Rechtliche soll nach Vorstellung der Regierung (und nach Vorbild der BBC) die Infrastruktur zur Verfügung stellen, die dann auch die Privaten bespielen können. Hier fehlen aber die Details.

Wie die geplante Stärkung der ORF-Landesstudios (ein Wunsch, der aus den Ländern nach Wien getragen wurde) genau aussehen soll – etwa, ob sie mehr Sendezeit bekommen –, bleibt unklar. Neu festgelegt wird, welche Ereignisse im Sinne des öffentlichen Interesses verpflichtend im Free-TV laufen sollen. Überlegungen gibt es z. B. zur österreichischen Fußballbundesliga, die seit 2018 nicht mehr frei empfangbar ist. Das Grundkonzept für eine Änderung des ORF-Gesetzes soll Ende 2020 stehen, mit Umsetzung im ersten Halbjahr 2021.

Mehr ÖVP-Vertreter im Stiftungsrat

Eine Quotenregelung für österreichische Inhalte im ORF wird es – auch fürs Radio – nicht geben. Alle ORF-Kanäle sollen erhalten bleiben. Am öffentlich-rechtlichen Auftrag wird genauso wenig geschraubt wie an der Zusammensetzung des Stiftungsrats, was eine Stärkung der ÖVP im obersten ORF-Aufsichtsgremium mit sich bringen dürfte: Dem Vernehmen nach sollen fünf der neun Regierungsvertreter im 35-köpfigen Rat von der ÖVP kommen, dazu zwei von den Grünen und zwei Unabhängige.

Neu geplant ist eine aus der Digitalsteuer auf Onlinewerbung gespeiste Digitalisierungsförderung in der Höhe von 15 Millionen Euro, mit deren Hilfe der Transformationsprozess heimischer (Print-)Medien im Digitalbereich unterstützt werden soll. Wunschtermin für die Umsetzung ist 2020/21.

„Wiener Zeitung“ neu aufstellen

Was die „Wiener Zeitung“ betrifft, so will die Regierung ein „neues Geschäftsmodell“ für das Blatt erarbeiten. Das Ende der Pflichtveröffentlichungen in Papierform (gedruckte Ausgabe), die zwei Drittel des Umsatzes ausmachen, ist beschlossene Sache. Um die Zeitung dennoch zu erhalten, wird unter anderem die Idee ventiliert, sie zu einer Art Ausbildungszentrale umzubauen. „Ausbau und Stärkung der Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten“ stehen jedenfalls im Regierungsübereinkommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2020)

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