Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich hat eine nicht ganz durchgängige Linie: Laut einer eigens erlassenen Fatwa, einem religiösen Gutachten, ist das Kopftuch ein religiöses Gebot, gleichzeitig ist man aber bemüht, die Freiwilligkeit zu betonen.
Ein einfaches Ja oder Nein gibt es nicht. Auf die Frage nämlich, ob das Tragen des Kopftuchs für österreichische Musliminnen nun Pflicht ist. In der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) pocht man auf die Freiwilligkeit. Dass also Frauen selbst darüber entscheiden, ob sie ihr Haar bedecken oder nicht.
Auf der anderen Seite gibt es aber aus ebendieser IGGÖ eine Fatwa, also ein religiöses Gutachten. In dem im Februar 2017 veröffentlichten Dokument heißt es: „Für weibliche Muslime ab der Pubertät ist in der Öffentlichkeit die Bedeckung des Körpers, mit Ausnahme von Gesicht, Händen und nach manchen Rechtsgelehrten Füßen, ein religiöses Gebot und damit Teil der Glaubenspraxis.“ Was nun also?
Ein Teil des Problems beginnt dort, wo man eine Fatwa als eine „Muss“-Bestimmung versteht. Sie ist ein Rechtsgutachten, das von einem Mufti verfasst wird. Und da es im Islam keine zentrale Autorität gibt, kann es zu verschiedenen Fragen mehrere Fatwas mehrerer Gelehrter geben, die einander zum Teil auch widersprechen können. Viel hängt auch von der konkreten Fragestellung ab. Und wie sehr eine Antwort darauf danach zusammengefasst oder vereinfacht wird.
Je nachdem, welche Autorität die Institution hat, von der das Gutachten kommt, wird eine Fatwa auch von mehr oder weniger Muslimen anerkannt. Kommt sie etwa von der Al-Azhar-Universität in Kairo, einer der wichtigsten Einrichtungen im sunnitischen Islam, hat das durchaus eine gewisse Bedeutung. Umgekehrt werden Fatwas kleinerer, zum Teil innerislamisch umstrittener Einrichtungen deutlich weniger anerkannt.