Song der Woche

Moses Sumney: Die Polly ist leider polygam

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Moses Sumney hat schon auf seinem ersten Album die Schattenseiten der Liebe besungen. Nun folgt sein zweites: „grae“. Drauf findet sich „Polly“.

Moses Sumney: „Polly“. Eifersucht ist kein schönes, kein edles Gefühl. Es ist auch nicht leicht, gute Songs darüber zu schreiben. (Man denke an John Lennons heuchlerisches „Jealous Guy“.) Moses Sumney hat es geschafft, in diesem Lied, in dem er, sonst nur von einer akustischen Gitarre begleitet, seine Stimme allmählich vervielfältigt, zu vielen Stimmen macht, als wolle er sich der nicht monogam gesonnenen Polly mehrfach vorführen.

„If I split my body into two men, would you then love me better?“, fragt er, kurz allein, bevor ihn die Stimmen höhnen und er die desperate Situation noch einmal verkleidet – „Are you dancing with me – or just merely dancing?“ –, mit dem Ausstieg liebäugelt („I want to dissolve“) und dann bitter fragt: „Am I just your friday dick?“ Als ob die kurze Obszönität ihn besänftigt hätte, lässt er sich ins Stimmengeflecht fallen, das schließlich nur mehr den Namen der Untreuen wiederholt. Ein kleines Meisterwerk.

Moses Sumney, geboren 1971 in Kalifornien, hat schon auf seinem ersten Album „Aromanticism“ die Schattenseiten der Liebe besungen. Nun folgt sein zweites: „grae“.

Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Christoph Sepin (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2020)

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