Kritik

Faszinierende "Salome" im Theater an der Wien

APA/WERNER KMETITSCH
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Marlis Petersen beeindruckt in Nikolaus Habjans intensiver Inszenierung von „Salome“. Sie und Johan Reuter als Prophet Jochanaan werden durch Puppen verdoppelt, das funktioniert.

So schizophren war Salome selten. Eine Frau, die den einen umarmt und doch der Stimme des anderen folgt, die schwankt und zaudert, während sie gleichzeitig immer selbstbewusster wird – und die sich schlussendlich von sich selbst befreit. In Nikolaus Habjans atmosphärisch dichter Inszenierung werden die Zerrissenheit der Titelfigur, ihre anfängliche Unsicherheit und der Kampf mit sich selbst durch die Dopplung mit einer seiner mittlerweile auf hiesigen Bühnen gut bekannten Klappmaul-Puppen umgesetzt.

Ursprünglich hatte Habjan seine Sicht auf den Strauss-Schocker von 1905 ohne Puppen darstellen wollen, dann entschloss er sich, nur für zwei Figuren ein Alter Ego zu schaffen: Salome und Jochanaan. Auf diese Weise visualisiert er intensiv eine zweite Ebene: Salomes Ringen mit sich selbst wird ganz physisch auf die Bühne gebracht, wenn Marlis Petersen als Salome förmlich von ihrer Puppe auf die Erde gedrückt wird und sich später von ihr entkoppelt. Auch im Fall von Jochanaan bekommt die Handlung eine weitere Dimension. Während Jochanaans Puppe an Ketten hängend in den Kerker gelassen wird, bleibt sein Darsteller, Johan Reuter, auf der Bühne – ganz in den Farben des Hintergrunds gekleidet und geschminkt, sodass der Prophet nur mehr Stimme ist, sich von seinem Körper förmlich losgesagt hat.

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