Sanktionen

Kurz will "noch strengeren Vollzug" beim Arbeitslosengeld

APA/ROLAND SCHLAGER
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Die Zahl der Sperren von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe ist 2019 erneut gestiegen. Kanzler Sebastian Kurz will "noch strengeren Vollzug" beim Arbeitslosengeld.

Das Arbeitsmarktservice (AMS) verhängte 145.671 Mal Sanktionen, um 12.251 oder 9 Prozent öfter als 2018. Während die Sperren wegen Versäumens des Kontrolltermins zurückgingen, stieg die Zahl der Sanktionen wegen Verweigerung oder Vereitelung einer Arbeitsaufnahme oder Schulungsmaßnahme um rund ein Drittel.

Rund 42 Prozent der Sperren betrafen laut AMS die eigentlichen "Missbrauchsfälle". Diese sind im Jahr 2019 um rund ein Drittel gestiegen, wie auch die "Kronen Zeitung" und "Österreich" heute berichten. Konkret gab es 59.999 (plus 15.266/plus 34 Prozent) Sperren nach § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz (ALVG) wegen Verweigerung oder Vereitelung einer Arbeitsaufnahme oder Schulungsmaßnahme. Dabei wird das Arbeitslosengeld oder die Notstandshilfe für sechs Wochen, im Wiederholungsfall für acht Wochen gesperrt.

Bei gänzlicher Arbeitsunwilligkeit (nach § 9 ALVG) kann das Arbeitslosengeld ganz gestrichen werden. Das kam 2019 in 797 Fällen vor (plus 276 oder 52,98 Prozent).

Fast 900.000 waren arbeitslos

"Der Anstieg der § 10-er Sperren geht darauf zurück, dass es durch den hohen Arbeitskräftebedarf der Wirtschaft und auch durch unsere verstärkten Bemühungen um überregionale Vermittlung deutlich mehr Stellenvorschläge und auch Rückmeldungen der Unternehmen gab, die Ausgangspunkt der Sanktionen wegen Missbrauchs von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe waren", erläutert AMS-Vorstand Johannes Kopf. Bei der dritten Sperre wegen Nichtannahme einer zumutbaren Beschäftigung können die Leistungen vollkommen eingestellt werden.

Rund 36 Prozent der Sanktionen hatten das Versäumen eines Kontrolltermins (§ 49 ALVG) als Ursache. Bleiben Jobsuchende dem vereinbarten AMS-Termin unentschuldigt fern, kann das Arbeitslosengeld bis zur neuerlichen Kontaktaufnahme vorübergehend gestrichen werden. Im Vorjahr war dies um 6 Prozent weniger häufig der Fall, nämlich 52.253 Mal.

22 Prozent der Sperren betreffen die Wartefrist bei Selbstkündigung. Denn nach § 11 des ALVG erhalten Jobsuchende bei Selbstkündigung die ersten vier Wochen kein Arbeitslosengeld ausbezahlt. Davon waren im Vorjahr insgesamt 32.622 Personen betroffen, um 266 Personen oder 0,82 Prozent mehr als noch 2018. Auch dies wird zu den Sperren dazugezählt.

Fast 900.000 Personen waren im Vorjahr mindestens einen Tag im Jahr arbeitslos. Ihre Zahl sank gegenüber 2018 um 2,1 Prozent auf 898.626 Personen.

Kurz für noch strengeren Vollzug

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich für einen "noch strengeren Vollzug" beim Arbeitslosengeld ausgesprochen, denn es gebe viel Missbrauch. "Arbeitslosengeld und Sozialleistungen sind für alle da, die Unterstützung brauchen, für alle, die arbeitslos sind, weil sie keine Arbeit finden. Aber sie sind sicherlich nicht da für Menschen, die nicht arbeiten wollen", sagte Kurz am Montag.

"Insofern ist es gut, dass es hier einen konsequenten Vollzug gibt und auch Leistungen gestrichen werden, wenn sie jemandem nicht zustehen oder in einer Art und Weise verwendet werden, die nicht vorgesehen ist", sagte Kurz im Rahmen einer Pressekonferenz zum Start des 5G-Mobilfunknetzes von A1.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) verwies darauf, dass es in Westösterreich viele offene Stellen gebe, während es in Wien eine Arbeitslosigkeit gebe, "die aus meiner Sicht inakzeptabel ist" - nämlich nicht nur im Vergleich mit dem ländlichen Raum, sondern auch im Vergleich mit Städten wie München, Berlin, London oder Hamburg. "Wie kann es sein, dass in Berlin, das wirklich finanziell nicht sehr gut dasteht, die Arbeitslosigkeit nur halb so hoch ist wie in Wien?" Man müsse daher Anreize schaffen, damit Menschen Jobs in Westösterreich annehmen.

Es gehe darum, "Menschen, die in Ostösterreich arbeitslos sind - gerade wenn sie hier nicht verwurzelt sind, wie Asylberechtigte zum Beispiel, die erst kurz da sind", in Westösterreich zu beschäftigen, sagte Kurz.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch kritisiert unterdessen das Vorhaben von Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) in Sachen Arbeitslosengeld. "Auf der einen Seite steckt die Regierung Millionen in den Umbau ihrer Regierungsämter, also ins viel zitierte System", sagte der Bau-Gewerkschaftschef am Montag laut Aussendung. "Auf der anderen Seite ist das Erste, was der neuen Arbeitsministerin einfällt, den 400.000 Arbeitssuchenden das Arbeitslosengeld zu kürzen und vielleicht als nächsten Schritt die Notstandshilfe zu streichen." Die Tatsache, dass im Vorjahr vom Arbeitsmarktservice (AMS) mehr Sanktionen verhängt wurden, zeige vor allem, dass die Regeln streng seien und streng ausgelegt würden.

(APA)

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