Der erste Nachtzug von Wien nach Brüssel seit mehr als 16 Jahren brachte der ÖBB europaweit Werbung. Er veranschaulicht aber auch die Misere des Zugverkehrs in der EU.
Brüssel. Leichter Nebel, roter Teppich, knapp vor elf Uhr vormittags am Brüsseler Südbahnhof: einem Zug der ÖBB entsteigen, leicht zerknittert, aber guter Dinge, umringt von Kamerateams und Pressefotografen, ein knappes Dutzend Europaabgeordnete ebenso wie der frühere Generalsekretär und nunmehrige Wiener Vertreter der Europäischen Kommission, Martin Selmayr. „Ist klimafreundlich, aber man muss Zeit haben – und keine Termine vor 11 Uhr 30. Doch entschleunigtes Reisen tut manchmal auch gut“, kommentierte er diese erste Fahrt eines Nachtzugs von Wien nach Brüssel, seit diese Strecke im Jahr 2003 eingestellt worden war. „Eine schöne Entschleunigung ist so eine lange Zugfahrt“, resümierte der ÖVP-Mandatar Lukas Mandl die mehr als 14 Stunden lange Fahrt.
Keine Züge im Sommer
Für die ÖBB hat die Wiederaufnahme dieser einst eingestellten Strecke einen hohen Werbewert: Die Korrespondenten internationaler Medien wie des britischen „Guardian“ fanden sich trotz des gleichzeitig stattfindenden EU-Außenministerrats ein, auf Twitter war #nightjet (der Name der ÖBB-Nachtzugverbindung) in Belgien bis zum späten Nachmittag einer der vier am häufigsten verwendeten Begriffe. Auf dem Bahnsteig wurden rot-weiß-rote Fähnchen geschwenkt, Brüsseler Pralinen und ein ÖBB-Modellzug wechselten als gegenseitige Präsente der Wertschätzung zwischen den Händen von ÖBB-Vorstandschef Andreas Matthä und Sophie Dutordoir, seinem Gegenüber bei der belgischen Staatsbahn SNCB/NMBS.