Asylpolitik

Doskozil wirft Innenminister "Anschlag aufs Burgenland" vor

Burgenlands  Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)
Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)APA/HERBERT NEUBAUER
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Grenznahe Asylzentren seien ein „Blödsinn“, wie er ihn "noch nicht gehört" habe, sagt Burgenlands Landeschef. Innenminister Nehammer rudert angesichts der Kritik zurück: Man brauche keine neuen „Asylzentren“.

Mit scharfer Kritik hat der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) auf die Ankündigung von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), grenznahe Asylzentren einrichten zu wollen, reagiert. Er sei schon länger in der Politik, "aber so einen Blödsinn habe ich überhaupt noch nicht gehört", sagte Doskozil am Dienstag. Er sah einen "Anschlag aufs Burgenland".

Das Burgenland, in dem am Sonntag der Landtag neu gewählt wird, werde sich mit allen Mitteln gegen die Pläne von Türkis-Grün wehren. "Er braucht gar nicht zu Gesprächen ins Burgenland kommen", meinte Doskozil an die Adresse Nehammers. Der Auftritt des Innenministers sei für ihn enttäuschend und habe gezeigt, dass sich Nehammer offensichtlich in der Materie nicht auskenne. "Das ist nicht nur traurig für die Politik und das Innenministerium, sondern auch für die Menschen im Land." Diese würden nämlich darauf vertrauen, dass die Politik die Probleme löse und nicht PR mache und Schlagwörter produziere.

"Wenn er die Balkan-Route schließen kann ..."

Ein Asylaufnahmezentrum an der ungarischen Grenze würde Traiskirchen ins Burgenland verlegen, skizzierte Doskozil. Das sei "eine Farce und ein Anschlag aufs Burgenland". Und insofern nicht ernst zu nehmen. Er erwarte sich von der burgenländischen ÖVP und den Grünen eine klare Positionierung dagegen, sagte der ehemalige Verteidigungsminister (Jänner 2016 bis Dezember 2017). "Die wichtigste Herausforderung aktuell sind Rückführungen in Herkunftsländer. Denn derzeit sind die negativen Asylbescheide nicht umsetzbar. Das ist das größte Problem und das zieht an“, befand er. Österreich brauche keine neuen Aufnahmezentren, wenn die Verfahren schneller erledigt und Rückführungen konsequent durchgeführt werden würden.

Es sei schon verwunderlich, dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angeblich die „Balkan-Route" geschlossen habe, aber noch immer zwei Drittel der Asylwerber über eben diesen Weg kämen. Doskozil verwies auf steigende Aufgriffszahlen: Während es zuletzt 40 bis 50 pro Woche gewesen seien, wurden vergangene Woche 144 Migranten aufgegriffen. "Wenn er die Balkan-Route schließen kann, wird er wohl auch Rückführungsabkommen schließen können", sagte Doskozil spitz in Richtung Kanzler Kurz.

An Nehammer gerichtete fügte der Landeshauptmann an, sich mit der Thematik nicht auseinandergesetzt zu haben: "Wir sind auf diese Spielchen nicht neugierig." Österreich habe sich einen Innenminister verdient, "der den Aufgaben gewachsen ist".

Schützenhöfer und Kaiser von Vorhaben überrascht

Der steirische Landeshauptmann, Hermann Schützenhöfer, teilte am Dienstag mit, dass mit seiner Landesregierung noch niemand vom Bund über etwaige geplante Asylzentren an der Süd- und Ostgrenze gesprochen habe. Zudem bestünde in der Steiermark schon ein Anhaltezentrum - in Vordernberg.

Auch der Kärntner Landeshauptmann, Peter Kaiser (SPÖ), gab sich am Dienstag  "überrascht" von den Plänen von Innenminister Nehammer. Einerseits sei es erfreulich, dass man Asylverfahren rascher abwickeln und für Klarheit sorgen möchte. Es bleibe aber zu hoffen, "dass es diesmal anders als bei Vorgänger-Innenministern nicht bei der bloßen Ankündigungs-Show-Politik bleibt", so Kaiser.

Der Tiroler Landeshauptmann, Günther Platter (ÖVP), forderte die Einbindung der Bundesländer bei den Plänen. Er begrüße Nehammers Vorhaben aber grundsätzlich.

Nehammer will nicht von „Asylzentren“ sprechen

Nehammer nahm seine Ankündigung angesichts des heftigen Widerstands aus dem Burgenland am Dienstag dann etwas zurück. "Wir brauchen keine neuen Asylzentren sondern Schnellverfahren an der Grenze, um das Weiterwinken nach Österreich und Mitteleuropa zu stoppen", sagte Nehammer in einer Aussendung. Auf weitere Details wollte sich das Ministerium nicht einlassen.

Man brauche keine neuen Asylzentren, sondern „Schnellverfahren“ an der Grenze - in Anbetracht dessen, dass durch das europäische Dublin-Verfahren Asylanträge im ersten Ankunftsland in Europa gestellt werden müssten.

Das Ministerium erklärte dahingehend, dass in diesem „Schnellverfahren“ nach Grenzübertritt rasch geklärt werden solle, ob Personen in Schubhaft genommen oder via Dublin-Verfahren in ein anderes EU-Land gebracht werden können. Ob im Fall des Falles auch das gesamte Asylverfahren in Grenznähe abgewickelt werden soll oder Asylwerber wie bisher in Erstaufnahmezentren wie Traiskirchen gebracht werden sollen, blieb am Dienstag offen: "Dazu arbeiten wir im Detail ein Konzept aus."

Verfahrenszentren an Grenzen für Erstbefragung bestehen

Im türkis-grünen Regierungsprogramm ist übrigens nicht explizit von neuen Asyleinrichtungen im Grenzbereich die Rede. Sehr wohl ist dort aber die "Schaffung eines beschleunigten, modernen, grenznahen Asylantragsverfahrens im Binnen-Grenzkontrollbereich" angekündigt. Dort sollen "die ersten Schritte im Asylverfahren" unter Berücksichtigung der bestehenden "Wohnsitzauflage" abgewickelt werden.

Sollte das Innenministerium lediglich die Erstbefragung von Asylwerbern in Grenznähe durchführen wollen, dann wären dafür übrigens keine neuen Einrichtungen nötig. Es gibt bereits in fast allen Bundesländern entsprechende Verfahrenszentren. Für die Asylverfahren selbst werden die Betroffenen dann in die Erstaufnahmezentren überstellt.

(APA/Red.)

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