Hasspostings

Hass im Netz: Rund 15 Prozent der Fälle in Wien angeklagt

Die Presse
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Im Vorjahr wurden 78 Anklagen wegen Hass im Netz von der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht. Diese rechnet mit einem Anstieg der Verfahren für das Jahr 2020.

Bereits seit 2016 gibt es bei der Staatsanwaltshaft Wien eine Sondergruppe, die gezielt gegen Hass im Netz vorgeht. Fünf spezialisierte Staatsanwälte sind seither für Ermittlungen wegen Verhetzung, nationalsozialistischer Wiederbetätigung und spezielle Formen von Beleidigung zuständig. Im Vorjahr wurden 78 Personen von der Sondergruppe angeklagt. Das sind rund 14,8 Prozent jener, die wegen Verhetzung oder Wiederbetätigung in den Fokus der Wiener Anklagebehörde gerieten.

Insgesamt waren dies im Vorjahr 525 Personen. "Anlass dafür waren nicht nur Anzeigen von Privatpersonen, sondern auch dienstliche Wahrnehmungen der Kriminalpolizei oder der Staatsanwaltschaft. Die Strafverfolgungsbehörden sind nämlich verpflichtet, auch ohne ausdrückliche Anzeige von Amts wegen tätig zu werden", erläuterte Thomas Haslwanter, Mediensprecher der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, am Dienstag. Neben knapp sieben Dutzend Anklagen wurde bei 28 Verdächtigen die Verfahren diversionell erledigt.

"Gegen 126 Personen sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen", gab Haslwanter bekannt. Die Häufung so genannter Hass-Postings, die sich zuletzt vor allem gegen die neue Justizministerin Alma Zadic (Grüne) gerichtet haben, "wird im Jahr 2020 zu einer Steigerung des Aktenanfalls führen", vermutete Haslwanter.

Auch Website-Betreiber im Fokus

Im Zuge ihrer Ermittlungstätigkeit haben die Sonderstaatsanwälte im Vorjahr rund 40 Hausdurchsuchungen angeordnet. "Bei dieser Zahl sind freiwillige Nachschauen in den Wohnräumlichkeiten der Beschuldigten nicht mitgerechnet", meinte der Sprecher. Im Fokus der Ermittlungen stünden nicht nur Verfasser, sondern auch die Betreiber von Websites, die hetzerische oder beleidigende Nachrichten nicht von ihren Plattformen löschen.

Die staatsanwaltschaftliche Sondergruppe wurde im Oktober 2016 ins Leben gerufen, nachdem sich im Zuge der Flüchtlingsbewegung 2015 hetzerische Kommentare im Internet gehäuft hatten. Ziel dieser Maßnahme war eine Spezialisierung von Staatsanwälten auf bestimmte Straftaten und damit einhergehend eine Steigerung der Effizienz und die Vereinheitlichung der Strafverfolgung.

Verhetzung

Strafbarkeit ist bei einer Verhetzung dann gegeben, wenn eine öffentliche Begehungsweise vorliegt - dafür muss der anstößige Kommentar von mindestens zehn Personen wahrgenommen werden - und die Äußerung mehr als 30 Personen zugänglich wird. Strafrechtlich geschützt sind Personenmehrheiten, die durch bestimmte Kriterien definiert sind - Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Weltanschauung, Staatsangehörigkeit, Abstammung, nationale oder ethnische Herkunft, Geschlecht, körperliche oder geistige Behinderung, Alter und sexuelle Orientierung.

(APA)

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