Chilenische Schauspieler besiegen die Schweiz 1:0

Gonzalez und Carmona
Gonzalez und Carmona(c) REUTERS (Paul Hanna)
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Schiedsrichter Khalil Al-Ghamdi wurde angesichts seiner zweifelhaften Entscheidungen unfreiwillig zum „Mann des Spiels“. Numerisch in Überzahl knackten die Chilenen nach 75 Minuten die Schweizer Abwehr.

Einmal mehr erlebte die Weltmeisterschaft ein Spiel, bei und nach dem mehr über den Schiedsrichter als über die Kicker gesprochen wurde: Khalil Al-Ghamdi aus Saudi-Arabien hatte das Spiel nie unter Kontrolle. Denn der Versuch, mit neun Gelben und einer Roten Karte gegen den Schweizer Valon Behrami (33. Minute), Macht zu demonstrieren, ging gänzlich schief. Das deshalb, weil Al-Ghamdi einerseits jeden Spielfluss zerstörte, andererseits bei seinen Entscheidungen immer wieder den Einlagen der chilenischen und schweizerischen Amateur-Schauspielern auf den Leim ging. Es wurde gezupft, gezwickt und gefoult und das wurde übertrieben oder gar nicht geahndet.

Genauso verkrampft wie der Schiedsrichter agierten auch die beiden Mannschaften. Die Schweizer brachten kaum sehenswerte Aktionen zustande, da konnte Trainer Ottmar Hitzfeld an der Seitenoutlinie noch so energisch gestikulieren. Wie gegen Spanien hatte er sein Team defensiv eingestellt. Eine Taktik die sich 75 Minuten lang bewährte. Bis zur Schlussviertelstunde gelang es den Schweizern, ihren Größenvorteil auszuspielen und die vereinzelten Angriffe - zum Teil mit großem Glück - zu parieren.

Doch dann konnten die Chilenen mit ihrer Quirligkeit die Abwehrlinie der Eidgenossen knacken. Mark Gonzalez erzielte den entscheidenden Treffer.

In der 90. Minute hatten die Schweizer den Ausgleich auf dem Fuß, doch Eren Derdiyok vergab.

Meinungen

Ottmar Hitzfeld (Schweiz-Teamchef): "Es ist unheimlich schwierig, wenn man nach 30 Minuten schon mit zehn Mann spielen muss - noch dazu gegen eine läuferisch starke Mannschaft wie Chile. Es ist ärgerlich, wenn man dann am Schluss noch das Tor kassiert. Wir haben dann noch einmal alles versucht, aber vergeblich. Nun liegt es an uns selbst, dass wir gegen Honduras eine gute Leistung bringen. Am Ende wird wahrscheinlich das Torverhältnis ausschlaggebend sein. Bei einer Weltmeisterschaft sollen die besten Schiedsrichter pfeifen, die auch in den großen Ligen aktiv sind, und nicht Referees, die irgendwo am Strand pfeifen."

Steve von Bergen (Schweiz-Abwehrspieler): "Wir standen tiefer als gegen Spanien, haben in den ersten 20 Minuten nicht viel für das Spiel gemacht. Dann stand der arme Nkufo alleine vorne. Wir sind sehr enttäuscht, weil es keine Rote Karte war, Valon hat nichts gemacht, und dann kriegen wir ein Abseitstor. Der Schiedsrichter war vielleicht nicht auf Topniveau. Gegen Honduras werden wir mit Wut im Bauch spielen."

Stephan Lichtsteiner (Schweiz-Abwehrspieler): "Die Enttäuschung ist sehr groß, nach einer Roten Karte, die nicht wirklich gerechtfertigt war. Dazu stand der Spieler vor dem Tor im Abseits. Ein Schiedsrichter auf diesem Level muss das sehen. Als Verteidiger durfte man den Stürmer kaum berühren, sofort wurde Foul gepfiffen. So ist es mühsam, Fußball zu spielen. Vielleicht sollten die Schiedsrichter besser auf solche Dinge achten, als auf die Socken vor dem Spiel. Am Schluss hat uns die Kraft gefehlt, den Ball laufen zu lassen. Es ist normal, wenn dann die Präzision fehlt. Für die Partie gegen Honduras ist es wichtig, dass wir offensiv besser ins Spiel kommen. Defensiv standen wir bisher sehr gut."

Mark Gonzalez (Chile-Torschütze): "Es ist fantastisch, was hier passiert. Natürlich träumt man davon. Wir haben uns sehr hart vorbereitet, ich hatte Glück, das Tor zu schießen. Was gibt es Schöneres, als zu gewinnen und das entscheidende Tor zu schießen? Wir haben jetzt drei Punkte mehr, jetzt können wir schon vom Achtelfinale träumen, es ist fast schon Realität. Die Geduld war nötig, es war schwierig, sie hatten nicht so viele Chancen wie wir, aber sie haben sehr gut verteidigt."

("Die Presse", Printausgabe vom 22. Juni 2010)

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