Eine Großveranstaltung in Yad Vashem sorgte im Vorfeld für Wirbel zwischen Israel und Polen. Der größere Hintergrund ist der russisch-polnische Streit über die Zeitgeschichte.
Jerusalem/Wien. Im Vorfeld einer prominent besetzten Großveranstaltung in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem morgen, Donnerstag, zum 75. Jahrestag der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau fliegen zwischen einigen der Hauptprotagonisten die Fetzen: Polen, auf dessen Territorium die Nazis das Vernichtungslager errichtet hatten, schickt seinen Präsidenten, Andrej Duda, gleich gar nicht nach Jerusalem, weil es sich durch Israels Präsidenten, Reuven Rivlin, brüskiert sieht; Israel sieht sich vor den Kopf gestoßen, weil Duda nicht kommt; die USA sind zutiefst unglücklich, weil sich zwei ihrer engsten Verbündeten in den Haaren liegen; und Russland ist in dem ganzen Wirbel der lachende Dritte.
Duda sagte seine Teilnahme an der Gedenkveranstaltung ab, nachdem ihm Rivlin nicht erlaubt hatte, wie die Vertreter der vier alliierten Siegermächte sowie Deutschlands und Israels eine kurze Rede zu halten. Die Polen vermuteten dahinter eine Intervention aus Moskau. Denn der Organisator des Gedenkens in Yad Vashem ist der russische Geschäftsmann Wjatscheslaw Kantor alias Moshe Kantor, der auch dem Europäischen Jüdischen Kongress vorsteht. Kantor steht auch auf der sogenannten Oligarchenliste des US-Finanzministeriums, auf der 200 russische Geschäftsleute und Politiker mit engsten Beziehungen zum Kreml aufgelistet sind.