Ethik

Darf ich einen Menschen töten, um fünf zu retten?

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Eine weltweite Umfrage zum berühmten Gedankenexperiment vom Zug und der umgestellten Weiche belegt: Andere Länder, andere Moral. Aber folgt daraus wirklich, dass eine universale Ethik unmöglich ist?

Da rollt er wieder, der führerlose Zug, rasant und unerbittlich auf fünf Schienenarbeiter zu. Über die Presslufthammer gebeugt, hören sie weder die Gefahr noch Warnungen. Und da stehe ich, neben einer Weiche mit Hebel, die den Zug auf ein Nebengleis ableiten könnte. Aber auch dort werkt ein Arbeiter. Darf ich ihn opfern, um die fünf anderen zu retten? Soll ich? Muss ich? Das Gedankenexperiment ist berühmt, weil in ihm die Differenzen der großen ethischen Systeme aufeinanderkrachen.



Könnten wir uns auf eine ihrer Grundregeln einigen, dann ließen sich auch aktuelle moralische Probleme leichter lösen, von der Gentechnik bis zum SUV-Kauf. Darum ringen Philosophen. Aber auch Psychologen und Soziologen stürzen sich auf die „trolley cases“, um rauszukriegen, was Menschen tatsächlich für recht und unrecht halten, und ob es hier Unterschiede zwischen Ländern, Kulturen und Religionen gibt. Ein klares Bild kam bisher nicht zustande: Die Fallzahlen waren klein, verglichen wurden nur wenige Länder. Ein Team um Edmond Awad vom MIT verheißt nun echten Überblick (Pnas, 21.1.), mit 70.000 Befragten aus 42 Ländern.

Moral für selbstfahrende Autos

Wie kommt man zu so vielen Teilnehmern? Die Forscher nutzen die globale Online-Umfrage „The Moral Machine“, die helfen soll, selbstfahrende Autos moralisch korrekt zu programmieren (zum Beispiel: Soll der Wagen, wenn ein Kind auf die Fahrbahn springt, jäh zum Gehsteig lenken, auch wenn dort ein Senior steht?). Lässt man über solche Fragen die Mehrheit entscheiden, sind auch die Weichen beim „Trolley“-Problem gestellt: 81 Prozent würden im globalen Schnitt den Arbeiter auf dem Nebengleis opfern.

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