Steuerpolitik

Blümel will neue Transaktionssteuer

Gernot Blümel (ÖVP).
Gernot Blümel (ÖVP).(c) APA/BKA/BKA/ANDY WENZEL (BKA/ANDY WENZEL)
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Der neue österreichische Finanzminister kritisiert bei seinem ersten Brüsseler Ratstreffen das seit Jahren blockierte Projekt als „Strafe für die Realwirtschaft“.

Brüssel. Nach fast neun Jahren fruchtloser Verhandlungen und dem Kommen und Gehen eines halben Dutzends ÖVP-Finanzminister zieht der neue Amtsinhaber einen Schlussstrich unter das Projekt EU-Finanztransaktionssteuer – zumindest in der aktuell debattierten Form. „Österreich ist für eine breite Finanztransaktionssteuer. Der aktuelle Vorschlag ist das Gegenteil davon. Er diskriminiert jene Menschen, die in Unternehmen der Realwirtschaft investieren“, sagte der neue Finanzminister, Gernot Blümel (ÖVP), am Dienstag nach seinem ersten Finanzministerratstreffen in Brüssel. Die Bundesregierung könne sich dem nicht mehr anschließen und werde sich, falls es bei den anderen neun noch an diesem Unterfangen beteiligten Staaten keine Meinungsänderung gebe, aus der Arbeitsgruppe zurückziehen.

Blümel kritisierte die von seinem deutschen Amtskollegen Olaf Scholz erst im Dezember vorgelegte Variante, die den Kauf der Aktien mit einem Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Euro mit 0,2 Prozent besteuern würden. Das wären bei derzeitigem Stand der Marktkapitalisierung rund 500 Unternehmen in den betroffenen Euroländern Deutschland, Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und Slowakei.

EU-Kommission ist reserviert

Blümel lehnt das ab. Er beabsichtige, mit einer Finanztransaktionssteuer „Spekulanten zu bestrafen und die Realwirtschaft zu entlasten“. Er empfinde es als „unethisches Verhalten“, wenn „auf den Niedergang anderer gewettet wird“. Stattdessen wolle er Anreize dafür schaffen, dass „jene, die in Zeiten niedriger Zinsen fürs Alter sparen wollen, auf dem Kapitalmarkt investieren können“. Den Einwand der „Presse“, dass Fondsgesellschaften, die Aktiensparpläne auflegen, auch solche spekulativen Wetten abschließen, um ihren Kunden Renditen zu ermöglichen, wischte Blümel beiseite.

Der vormalige EU-Minister in der türkis-blauen Koalition und präsumtive Spitzenkandidat der ÖVP für die Wiener Landtagswahl im heurigen Jahr möchte, dass „wir wieder über den ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission“ für eine Finanztransaktionssteuer reden. Dieser stammte vom 28. September 2011 und sah Mindestsätze von 0,1 Prozent für den Handel mit Aktien und Anleihen vor sowie 0,01 Prozent für derivative Geschäfte, also beispielsweise Terminkontrakte, Optionen oder Zinssatz-Swaps. Nach neun Monaten war er politisch tot: Die Finanzminister (für Österreich saß Maria Fekter am Tisch) stellten fest, dass sie dies nicht einstimmig beschließen konnten oder wollten. Also begann eine Gruppe von elf Staaten eine verstärkte Zusammenarbeit. Diese dümpelte seither ergebnislos dahin – und könnte nun gänzlich eingestellt werden.

Die Kommission wünscht den involvierten Regierungen alles Gute – wird aber keinen neuen Vorschlag machen. „Die Idee ist heute so relevant wie damals. Wir leisten den Mitgliedstaaten weiterhin technische Unterstützung. Wir hoffen, dass sie sich auf einen Text einigen können. Etwas Neues planen wir nicht“, sagte ein Kommissionssprecher zur „Presse“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2020)

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