Was ist Hilfe?

Hilfe, können wir das noch?

(c) Marin Goleminov, Presse
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Freiwilligkeit, Nächstenliebe, Zivilcourage – Hilfe hat viele Gesichter und Namen. Ebenso vielfältig sind die dahinterstehenden Motive. Was treibt Helfer an? Ist es Nächstenliebe – oder sind es egoistische Motive? Und wieso schauen viele Menschen in Notsituationen weg? (Von Anja Maria Dax)

Mutter Teresa, Florence Nightingale, Albert Schweitzer oder Karlheinz Böhm – bei diesen Namen kommen vielen sofort die Begriffe Hilfe, Nächstenliebe und Fürsorge in den Sinn. Es kommt die Erinnerung an große Taten, dabei haben sie alle unbekannt begonnen – so unbekannt wie die meisten, die im Alltag etwas für andere tun: beim Tragen von schweren Einkaufstaschen helfen, jemandem den Weg erklären, Nahrung spenden oder jemandem Unterstützung anbieten. Doch ist das überhaupt Hilfe, oder ist es Eigennutz? Wo endet Nächstenliebe, wo beginnt Selbstverwirklichung? Und warum helfen wir manchmal nicht? Eine Spurensuche.

Hilfe – was ist das überhaupt?

Unter Helfen lassen sich nach Tillmann Bendikowski (im Buch „Helfen – warum wir für andere da sind“) grundsätzlich drei verschiedene Handlungsweisen verstehen: hilfreiches, prosoziales und altruistisches Verhalten.

  • Unter hilfreiches Verhalten fallen alle Formen der Unterstützung eines anderen Menschen - eine Krankenschwester hilft dem Patienten beim Aufstehen, ein Passant hilft einem anderen mit der Wegbeschreibung zum nächsten Bahnhof. Die meisten Menschen würden das als moralischen Standard begreifen oder als ein erwartbares Rollenverhalten – wie im Fall der Krankenschwester.
  • Das prosoziale Verhalten ist eine enger gefasste Bedeutung von Hilfe ohne (berufliche) Dienstverpflichtung, z. B. Blumengießen beim Nachbarn, während dieser auf Urlaub ist.
  • Am engsten sind die Grenzen beim altruistischen Verhalten: Hier erwartet der Helfer keinesfalls eine Gegenleistung – er handelt selbstlos, um das Wohlergehen eines anderen Menschen zu erhöhen.

Die Gründe dafür, dass Menschen helfen, sind ebenso vielfältig wie die Ausgestaltung der Hilfe: Prosoziales Verhalten ist nach Erkenntnissen der Evolutionspsychologie allen Menschen gemein – es steckt also in uns allen. Inwieweit diese biologischen Voraussetzungen eine Persönlichkeit schließlich prägen, hänge aber auch von der Sozialisation und dem kulturellen Kontext ab. Gleichermaßen sei eine mögliche Hilfeleistung allerdings auch von der konkreten Situation abhängig. Eine weitere wichtige Voraussetzung sei Mitgefühl, schreibt Bendikowski.

Christentum und Hilfe

Die Geschichte des Helfens ist eng mit dem Christentum verbunden. Einen bekannten Appell der christlichen Nächstenliebe stellt das Gleichnis vom barmherzigen Samariter aus dem Neuen Testament dar. Darin wird ein Mann auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho von Räubern überfallen und verletzt liegen gelassen. Ein Priester und ein Levit sehen den Verletzten und gehen weiter. Schließlich sieht ein Samaritaner den verletzten Mann: Er versorgt die Wunden des Verletzten und bringt ihn in eine Herberge, wo er den Wirt beauftragt und dafür bezahlt, den Verletzten zu pflegen, bis er zurückkehre. Jesus forderte dazu auf, ebenso wie der Samariter zu handeln.

Die Figur des barmherzigen Samariters funktioniert auch außerhalb christlicher Zusammenhänge als moralischer Appell: Der Samariter dient als Vorbild, ohne die spezifisch christlichen Motivationen des Helfens zu fordern. Noch heute besteht etwa der Arbeiter-Samariter-Bund sowie der Schweizerische Samariterbund. 

Hilfe aus Menschenliebe

In der Aufklärung kamen neue Aspekte zum Konzept der Hilfsbereitschaft hinzu: Philanthropie etwa bezeichnet ein menschenfreundliches Denken und Verhalten. Philanthropen plädieren dafür, die angeborenen menschlichen Triebe des Mitleids, der Sympathie und der Wohltätigkeit zu nutzen. Dieses Denken bezieht sich weniger auf konkrete Situationen als auf die Behebung von Ursachen einer Notsituation. Aufklärerische Kreise distanzierten sich vom traditionellen Ideal der Barmherzigkeit aus Nächstenliebe. Menschenliebe kann als säkularisierte Form der christlichen Nächstenliebe angesehen werden.

Altruismus bezeichnet Uneigennützigkeit und Selbstlosigkeit, kann bis heute jedoch nicht allgemeingültig definiert werden. Laut seinem „Schöpfer“, Auguste Comte (1798–1857), ist Altruismus ein Gegenbegriff zu Egoismus. Altruismus meint demnach ein Verhalten, das ein Individuum zugunsten einer anderen Person setzt und das ihm selbst keinen Nutzen bringt.

Egoistische Helfer

Neben dem altruistisch motivierten Helfer machten Psychologen noch den egoistischen aus, dessen Ziel es ist, sein eigenes Wohlergehen oder sein Ansehen in der Gesellschaft zu verbessern. Motive, die auch manch christlich motiviertem Helfer zugeschrieben werden: Studien zeigten, dass Gläubige vor einer Beichte spendabler sind als danach (Feldstudie von Harris et al. im Jahr 1975).

Doch nicht nur, um das eigene Wohlbefinden zu steigern, sondern auch, um Strafen zu entgehen, wird geholfen: Im österreichischen Strafgesetzbuch regelt § 95 den Tatbestand der „Unterlassung der Hilfeleistung“. Es drohen bis zu sechs Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafen bis zu 360 Tagessätzen, wenn die Unterlassung der Hilfeleistung den Tod eines Menschen zur Folge hat, sind Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr möglich. Es sei denn, die Hilfeleistung ist dem Täter nicht zuzumuten, heißt es weiter. 

In der Praxis gibt es wenige Strafverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung: Nach Angaben der Statistik Austria wurden 2018 sieben Personen (allesamt männlich) wegen unterlassener Hilfeleistung nach
§ 95 verurteilt. Zum Vergleich: 3030 Personen wurden wegen Körperverletzung rechtskräftig verurteilt. 

Hilfe muss laut Gesetz nicht nur zumutbar, sondern auch „offensichtlich“ sein. Wenn man die Gefahr nicht erkennt oder überzeugt ist, dass es der Person gut gehe, liegt keine Straftat vor. Sollte die Person dennoch zu Schaden kommen, unterlag man einem Irrtum. Und Irrtum schützt in diesem Fall vor Strafe.

Hilfe oder Zivilcourage

Die Begriffe Hilfe und Zivilcourage werden oft gleichbedeutend verwendet. In Zivilcourage ist oft auch Hilfe enthalten – aber nicht notwendigerweise umgekehrt. Zivilcourage, zusammengesetzt aus den beiden Wörtern zivil (lateinisch „bürgerlich/nicht militärisch“) und courage (französisch „Mut“), kann als sozialer Mut oder Bürgermut bezeichnet werden. Zivilcourage ist ein bestimmter Typ sozialen Handelns und keine dauerhafte Charaktereigenschaft. Jonas und Brandstätter unterscheiden folgende Merkmale, die Zivilcourage im Gegensatz zu Hilfe ausmachen:

  • In einer Situation werden Wertüberzeugungen, soziale Normen, demokratische Grundwerte oder die Integrität einer Person verletzt. Im Zentrum steht ein Konflikt zwischen Personen, die diese Werte und Normen verletzen, und denen, die sie wahren wollen.
  • Zivilcouragiertes Handeln ist Risiko: Der Ausgang der Situation ist ungewiss. Anders als bei Hilfeleistung sind bei zivilcouragiertem Verhalten die potenziellen negativen Konsequenzen für die handelnde Person ein entscheidendes Merkmal – sei es durch den Angreifer selbst (z. B. ein tätlicher Angriff) oder durch die soziale Umwelt. Der Handelnde ist bereit, Nachteile in Kauf zu nehmen.
  • Das Handeln ist öffentlich. Das heißt, in der Regel sind mehr als zwei Personen anwesend.
  • Es gibt ein (reales oder subjektiv wahrgenommenes) Machtungleichgewicht.

Warum wir nicht helfen

Während der Weihnachtsfeiertage 2014 lag ein sterbender Mann fünf Stunden lang in einem Wiener U-Bahn-Lift. Es handelte sich um einen Obdachlosen, der bewusstlos geworden war. Mehrere Passanten betraten den Lift und stiegen über ihn hinweg, wie Videoaufzeichnungen belegen. Keiner bot dem Obdachlosen Hilfe an, niemand verständigte die Rettung. Der Mann verstarb.

Situationen wie diese sind kein Einzelfall, wie unter anderem ein Experiment (2018) des Austrian Institute of Technology (AIT) bestätigt: Beim Experiment spielten zwei junge Frauen einen Streit publikumswirksam immer wieder in Wiener Parks vor, wobei einer Person Gewalt angedroht wurde. Bei 158 Zeugen, die den Streit verfolgten, kam dem Opfer nur in zwei Fällen jemand zu Hilfe, schilderten die Versuchsleiterinnen im „Kurier"-Interview. Was hält Menschen davon ab, anderen zu helfen? Warum sind Hilfsbereitschaft und Zivilcourage nicht so selbstverständlich, wie man es sich erhoffen würde?

Der Psychologe Dieter Gremel ist seit 2005 als Trainer für Zivilcourage beim Verein Zara (Zivilcourage & Anti-Rassismus-Arbeit) tätig. Er ist überrascht, dass beim Experiment des AIT nur zwei Personen eingeschritten sind, mahnt aber zur Differenzierung: „Wenn man es ganz niederschwellig betrachtet: Sobald ich stehen bleibe und beobachte, in dem Moment bin ich Zeuge. Ich traue mich vielleicht nicht, dort hinzugehen, aber ich setze die Situation unter Beobachtung, und damit habe ich auch schon eingegriffen.“ Beim Experiment hingegen wurde ein Eingreifen als aktives Dazwischengehen definiert.

Selbstschutz

Eingreifen und dazwischengehen ist oft das, woran man denkt, wenn von zivilcouragiertem Handeln die Rede ist. „Aber dazwischengehen ist gerade bei einem Konflikt, wo körperliche Gewalt im Spiel ist, gefährlich und nicht unbedingt ratsam. Es gibt viele andere Varianten, die man anwenden kann, um etwas zu tun“, sagt der Zivilcourage-Trainer. Ist das ein Widerspruch dazu, was Zivilcourage eigentlich ausmacht, nämlich ein Risiko einzugehen? Gremel meint: „Ein Risiko eingehen, kann auch bedeuten, sich bloßzustellen, sich sichtbar zu machen. Das ist für viele eine riesige Hemmschwelle.“ Selbstschutz sei eine der obersten Devisen bei Zivilcourage.

Der Zuschauereffekt

Eine große Bedeutung kommt auch dem Bystander-Effekt (Zuschauereffekt) zu, der in den 1960ern vom amerikanischen Psychologen John M. Darley erforscht wurde. Demnach gilt: Je mehr Menschen vor Ort sind, desto geringer ist das Verantwortungsgefühl des Einzelnen. Gremel identifiziert dabei zwei entscheidende Faktoren:

  • Verantwortungsdiffusion: Jemand anderer kann eingreifen – man hat das Gefühl, man muss sich nicht selbst der Situation aussetzen.
  • Eine andere Einschätzung der Situation: Wenn andere Personen nichts tun, denkt man, es sei „schon nicht so schlimm“ und greift selbst nicht ein.

Ein umgekehrter Effekt tritt ein, sobald dann doch jemand eingreift – wenn eine Person handelt, kann das die anderen Zuschauer ebenfalls dazu bewegen, aktiv zu werden. 

Vermeidungsstrategien: „Ich kann nichts machen“

Gremel nennt außerdem verschiedene Vermeidungsstrategien, die legitimieren sollen, warum jemand nicht eingreift.

  • Strategie eins bestehe darin, die Situation als weniger dramatisch zu beschreiben, als sie ist: „So schlimm ist es ja gar nicht."
  • Die zweite Strategie sei, die Situation generell als unlösbar anzusehen: „Da kann man grundsätzlich eh nichts machen.“
  • Ein drittes gängiges Erklärungsmuster sei es, die eigene Kompetenz infrage zu stellen: „Ich kann nichts machen. Ich bin zu schwach, habe keine guten Argumente oder bin nicht kompetent genug.“ Die mögliche Schlussfolgerung: Andere Personen können das besser und sollen daher eingreifen. Hier schließt sich der Kreis zum Zuschauereffekt – sind andere Personen vor Ort, schwindet das Verantwortungsgefühl des Einzelnen. 

Generell unterscheide man zwischen persönlichen und situativen Faktoren, die beeinflussen, ob jemand eingreift. Eine unklare Situation zum Beispiel ist ein situativer Faktor: Es ist nicht eindeutig, was passiert ist, wer wem etwas getan hat, wer Täter und wer Opfer ist. Das macht das Eingreifen schwierig. Wie sieht es mit persönlichen Faktoren aus? Beeinflusst beispielsweise das Geschlecht die Hilfsbereitschaft?

Das helfende Geschlecht

Sind Männer und Frauen unterschiedlich hilfsbereit? Zumindest kommen vielen unterschiedliche Bilder in den Kopf: Bei Frauen denken wohl viele an das klassische Rollenbild der Mutter. Der männliche Helfer gilt als mutig und heroisch – aber auch als höflich, etwa indem er einer Frau die Tür aufhält. Diese Vorstellungen geraten zunehmend in Bewegung – dennoch helfen Männer und Frauen oftmals immer noch unterschiedlich. 

Dieter Gremel kann aus seiner Erfahrung nicht sagen, dass Männer insgesamt häufiger eingreifen als Frauen – seine persönliche Erfahrung zeigte ihm eher das Gegenteil. „Männer haben viel eher das Gefühl: Ich brauche körperliche Kraft.“ Das sei aber nicht so ausschlaggebend, wie man denke. „Das heißt nicht, dass der Körper nicht relevant ist, sondern das ist mehr eine Frage meines Auftretens. Das kann man gut üben. Ich kann mich unsicher fühlen, aber ich schaffe es, nach außen Selbstbewusstsein zu zeigen.“ 

Zentral sind laut Gremel aber Wertvorstellungen. Die können sehr individuell sein und hängen natürlich auch zu einem gewissen Grad davon ab, in welcher Gesellschaft man aufgewachsen ist. „Es geht darum, wie ich es in dem Moment empfinde, wie mein inneres Wertebarometer ausschlägt. Das ist individuell, das ist mein Leitfaden.“

Was genau kann nun aber getan werden, um Zivilcourage zu fördern?

Ablenken statt eingreifen

Es gibt kein Patentrezept für Zivilcourage. Doch es gibt Alternativen zum klassischen Eingreifen. Gremel nennt folgende Möglichkeiten für Zivilcourage im öffentlichen Raum: 

Eine der wichtigsten Handlungsmöglichkeiten ist Hilfe holen. Dazu kann man sich an die Polizei, aber auch an andere Passanten wenden. Die Wiener Linien machen derzeit in einer Kampagne zum Thema Zivilcourage darauf aufmerksam – in einem interaktiven Video werden User in eine Streitsituation versetzt, in der sie schnell reagieren müssen. „Im Zweifel ist es ein Notfall“, schreiben die Wiener Linien in der Kampagne. 

Eine weitere Option ist Ablenkung. Hierfür bieten sich viele Möglichkeiten: Laut sein, pfeifen, schreien – oder singen und tanzen. Gremel plädiert dafür, sich für eine Variante zu entscheiden, die man vorher einübt und in einer Stresssituation möglichst schnell anwenden kann. 

Eine andere Variante ist die paradoxe Intervention. Als Beispiel nennt der Zivilcourage-Trainer, zu Personen hinzugehen und nach dem Weg zu fragen. Dadurch kann man auch das Aggressionslevel der Personen senken, denn der Fokus wird, zumindest kurzfristig, auf etwas anderes gelenkt. 

Niederschwellige Ziele

Generell rät der Zivilcourage-Trainer, sich ein niederschwelliges Ziel zu suchen, beispielsweise das Stoppen einer konkreten Situation. Ob es noch einmal zu einer solchen Situation komme, könne man ohnehin schwer beeinflussen. Ein Ziel könnte auch sein zu zeigen, dass ein bestimmtes Verhalten nicht in Ordnung ist, unabhängig davon, ob man die Situation verändern kann oder nicht. „Das ist eine Botschaft nicht nur an den Täter oder Betroffene, sondern auch an die umstehenden Personen“, sagt Gremel. Dieses Zeichen kann andere ermutigen, ebenfalls einzuschreiten. 

In der Zara-Beratungsstelle wird von betroffenen Personen oft erzählt, dass es für sie sehr unangenehm sei, wenn jemand beispielsweise etwas Beleidigendes sage und niemand von den umstehenden Personen reagiere. Gremel betont, dass Betroffene dieses Nichtstun oft als noch schlimmer empfänden als den beleidigenden Akt an sich. In diesem Fall sei es hilfreich, als Zeuge nach dem Vorfall Stellung zu beziehen. Traute man sich in der Situation nicht einzugreifen oder war zu langsam, könne man im Nachhinein klarstellen, dass man ein bestimmtes Verhalten nicht in Ordnung fand. „Zu sagen ‚Es war mir nicht möglich in dem Moment‘, das macht für die Personen selbst einen Riesenunterschied“, sagt Gremel. 

Übung, Übung, Übung

Der Zivilcourage-Trainer sieht grundsätzlich viel Bereitschaft einzugreifen. In den Zivilcourage-Workshops thematisiert er die Wahrnehmung von Konfliktsituationen: Nicht alle nehmen eine Situation als gleich unfair, ungerecht oder gewaltvoll war – oft seien Unterschiede hier sehr individuell. Außerdem erfolgt eine Reflexion von eigenen Werten und Gewaltvorstellungen. Ein weiterer Teil ist die Auseinandersetzung mit einer konkreten Situation. So werden etwa verschiedene Körperhaltungen geübt, um selbstsicher zu werden: „Nur wenn ich das einmal gespürt habe, kann ich das auch abrufen, wenn ich es brauche. Es ist wie ein Mantel, den ich mir in dem Moment dann anziehen und mit dem ich in die Situation hineingehen kann – aber ich muss vorher wissen, wie sich das anfühlt“, sagt Gremel. In einem weiteren Teil wird über Ziele und Strategien nachgedacht – und dann eine Situation durchgespielt. Ziel ist es, nach dem Workshop mehr Handlungsmöglichkeiten zu haben als davor.

Trotz aller Übung bleibt zivilcouragiertes Handeln immer eine Überwindung. Und sie beinhaltet ein gewisses Risiko – seien es Übergriffe oder sei es die Angst, beobachtet, beurteilt und verurteilt zu werden. Trotz seiner langen Erfahrung als Trainer spüre Gremel bei manchen Geschichten, die er in seinen Workshops hört, immer noch eine gewisse Ohnmacht: „Das ist ein Teil von zivilcouragiertem Handeln: Ich habe das Risiko, ich habe das Unsicherheitsgefühl – das bleibt auch. Wenn ich darauf warten würde, dass ich ohne Angst, nur mit vollem Selbstbewusstsein in so eine Situation hineingehen kann – das wird sich wahrscheinlich nie einstellen.“

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