Geschichte der Entwicklungszusammenarbeit

Die Wurzeln der Entwicklungszusammenarbeit und die Idee der internationalen Solidarität reichten bis zur Bibel und zum Koran zurück, schreibt der Professor für Afrikanistik Walter Schicho 2018 in einem Artikel auf der Online-Plattform Archive des Helfens (Arche) der Universität Wien. So heißt es in der Bibel: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Der Versailler Vertrag beendete 1919 als völkerrechtliches Abkommen nicht nur den Ersten Weltkrieg. Der Vertrag regelte auch die Gebietsabtretungen der ehemaligen deutschen Kolonien an die Mandatsmächte und sah vor, dass „die Vormundschaft über die unterentwickelten Völker“ mit der Entwicklung dieser Länder verbunden sei, schreibt der Historiker Hubertus Büschel in einem Artikel zur Entwicklungspolitik.

Als Anstoß für die global verbreitete Entwicklungspolitik gilt das 1949 vom Präsidenten der Vereinigten Staaten Harry S. Truman angekündigte „Point Four Program“ für die wirtschaftliche Entwicklung, das nach dem Zweiten Weltkrieg Länder beim Wiederaufbau unterstützen sollte. Truman erklärte, die Industriestaaten sollten unterentwickelten Ländern helfen, sich selbst zu helfen. 1950 schloss die USA aufgrund des „Point Four Program“ Wirtschaftsabkommen mit verschiedenen Ländern.
Bild: Porträtaufnahme des amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman (geboren 1884, gestorben 1972).

Während des Kalten Krieges versuchten die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges unter der Führung der Sowjetunion auf der einen und unter der Führung der USA auf der anderen Seite ihren weltweiten Einfluss weiter auszubauen. Dem Historiker Hubertus Büschel zufolge verwendete die USA die Entwicklungspolitik als außenpolitisches Instrument, um „die Ausbreitung des Kommunismus einzudämmen“.
Bild: Interalliierte Militärpatrouille und andere Autos stehen auf der Lerchenfelder Straße in Wien und verhindern die Entführung eines Tschechen durch drei Sowjetrussen in der US-amerikanischen Zone.

Die Idee, dass es nur genügend Geld brauche, um Entwicklungsländern zum Wachstum und zur Industrialisierung nach westlichem Vorbild zu verhelfen, prägte gemäß dem Historiker Hubertus Büschel die Entwicklungspolitik der 1960er-Jahre.
Österreich unterzeichnete das Übereinkommen der 1961 gegründeten Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die die Mission verfolgt, das Leben der Menschen weltweit zu verbessern, und wurde damit Gründungsmitglied der OECD. 1970 beschlossen die OECD-Mitglieder, 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit zu verwenden.

Auf den Entwicklungsoptimismus folgte die Wende: Der frühere kanadische Premierminister und Leiter der Kommission für Internationale Entwicklung der Weltbank Lester Pearson erklärte in seinem Bericht über 20 Jahre Entwicklungspolitik, das Kapital versickere, von den Leistungen würden bestenfalls die Eliten profitieren.
Bild: UN-Generalsekretär Kurt Waldheim besucht die Wiener UNO-City um 1980.

Unter dem Bundeskanzler Bruno Kreisky war Österreichs Außenpolitik bis Anfang der 1980er-Jahre global orientiert. In den 1980er-Jahren verschob sich unter dem Außenminister Alois Mock der Fokus der österreichischen Außenpolitik von außereuropäischen Entwicklungsländern auf die Länder Mitteleuropas.
Bild: Großaufnahme von Bundesparteiobmann Alois Mock bei einer Pressekonferenz in der ÖVP-Parteizentrale in der Kärntner Straße in Wien.

Nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (EU) kam es von 1995 bis 2015 zu einem Personalabbau im österreichischen Außenministerium um ein Drittel, schreibt der Professor für Politikwissenschaften Helmut Kramer 2017 in seinem Artikel zur österreichischen Entwicklungspolitik.
Bild: EU-Flagge in Schwäbisch Gmünd, Deutschland.

Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (EU) führte dazu, dass sich die Entwicklungszusammenarbeit Österreichs seit den 2000er-Jahren vorwiegend an der EU-Entwicklungspolitik orientiert.
Außerdem folgt Österreich als Mitglied im Entwicklungshilfe-Ausschuss (DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) den im DAC vereinbarten Strategien. Beispielweise beschlossen die DAC-Mitglieder 2005 die sogenannte Pariser Erklärung, ein Abkommen, mit dem sie die Strategie und Programme der Entwicklungszusammenarbeit stärker an die Partnerländer anpassen wollten.
Bild: Ex-Bundeskanzler Christian Kern (rechts im Bild) empfing am 7. November 2016 den OECD-Generalsekretär Angel Gurría (links) zu einem Arbeitsgespräch im Bundeskanzleramt.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete 2015 den Aktionsplan „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Die Agenda enthält 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung weltweit, die alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen bis 2030 erreichen wollen.
Die genauen Programme und Projekte der Entwicklungszusammenarbeit Österreichs finden sich im sogenannten Dreijahresprogramm des Außenministeriums.
Bild: Bundesminister Alexander Schallenberg spricht am 26. September 2019 auf der UNO-Generalversammlung in New York.