Berufsausbildung

Kurz und Kogler in der Backstube

Die Regierungsspitze zog es in die Backsstube Schwarz
Die Regierungsspitze zog es in die Backsstube SchwarzAPA/HERBERT NEUBAUER
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Im "Land der Titel" wird für Handwerksmeister die dem Namen vorstellbare Titelabkürzung "Mst." bzw. "Mst.in“ eingeführt.

Die Reihe an medienwirksamen Besuchen bei "normalsterblichen" Menschen durch die Regierungsspitze ist am Mittwoch in aller Früh weitergegangen. Bundeskanzler Sebastian Kurz, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Vizekanzler Werner Kogler zog es in eine Backstube in Wien-Liesing. Anlass war die angekündigte Einführung des Berufstitels Meister und eine Novelle des Berufsausbildungsgesetzes.

"Die Aufwertung der Lehre war mir immer ein Herzensanliegen. Wir schaffen den Begriff Lehrlingsentschädigung ab, in Zukunft bekommen Lehrlinge wie alle anderen ein Einkommen. Wertschätzung beginnt auch immer mit der Sprache", sagte Schramböck (ÖVP). Heute erfolge ein erster Schritt zur Aufwertung von Lehre und Meister, weitere seien geplant. So sollen in weiterer Folge das Thema Lehre nach der Matura aufgegriffen und neue Lehrberufe geschaffen werden. Auch der Handwerksmeistertitel soll künftig nicht das Ende einer Ausbildung darstellen, kündigte die Wirtschaftsministerin an.

Kurz (ÖVP) hat bei der Firmenleitung der handwerklichen Bäckerei mit derzeit fünf Lehrlingen auch die Sorgen hinterfragt, wie er ausführte. Es gehe um die Rahmenbedingungen wie die Steuerlast, weniger Bürokratie und auch mehr Netto vom Brutto bei den Mitarbeitern. Einfache Bäckergesellen im Bäckergewerbe bekommen erst seit vorigem Herbst minimal mehr als 1500 Euro brutto.

Der Regierungschef betonte auch, dass die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) das Rückgrat der heimischen Wirtschaft seien und Österreich auf der ganzen Welt fürs duale Ausbildungssystem bewundert werde. "Wir freuen uns, wenn die jungen Menschen in die Lehre strömen. Eine gute Ausbildung ist eine Jobgarantie für die Zukunft", sagte Kurz. Der Besuch zeige auch, wie viele Menschen in Österreich bereits in der Nacht und sonntags arbeiten würden und "damit einen Beitrag leisten, dass das Land so gut funktioniert".

Kogler (Grüne) verwies darauf, dass sich die Aufwertung der Lehre im Arbeits- und Bildungsbereich des Regierungsübereinkommens findet. "Es geht um eine Aufwertung und eine bessere Durchlässigkeit sowie Anerkennung und Besserstellung der Lehre", so der Vizekanzler.

Titel auch in Dokumenten

Der Meistertitel soll künftig auch in offiziellen Dokumenten eingetragen werden können ("eintragungsfähigen Titel für offizielle Dokumente schaffen"). Der Titel "Meister" oder "Meisterin" kann nach einer notwendigen Änderung der Gewerbeordnung dem Namen vorangestellt werden. Als Titelabkürzung ist "Mst." bzw. "Mst.in" vorstellbar und dem Bachelor gleichzusetzen.

Die Politiker ließen sich von Thomas Maurer, einem der Prokuristen der Bäckerei Schwarz mit 18 Filialen und rund 150 Mitarbeitern durch die Produktion in Wien-Liesing führen. Maurer erläuterte unter anderem, dass der Betrieb gerade noch die Größe habe, dass die Bäcker allesamt noch alle Arbeiten erledigten, also nicht monoton die ganze Nacht etwa nur Semmeln produzieren.

"Wär es nicht gescheiter, er macht nur Krapfen?", wollte Kurz im Sinne von Effizienz wissen. Hier sei das nicht so, sagte Maurer. Die Politiker schüttelten den Bäckern vor piepsenden Öfen die Hände, erkundigten sich nach deren Wohlbefinden und ob alles in Ordnung sei. Das war es auch für die Lehrlinge, die an diesem frühen Morgen besondere Aufmerksamkeit genossen.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Die Berufsausbildung in Österreich wird erneuert. Dafür wird das Berufsausbildungsgesetz geändert. Dieses war bereits in Begutachtung und kann nach dem Ministerratsbeschluss am Mittwoch ins Parlament. Diese Novelle geht demnächst in Begutachtung. Bei der modernisierten Berufsausbildung kommt es nach dem Beschluss zu verpflichtender Überprüfung aller Lehrberufe - zumindest alle fünf Jahre. So soll wirtschaftlichen und technischen Trends Rechnung getragen werden.

Im Gesetz werden auch zeitgemäße Bezeichnungen festgeschrieben, um Lehrlingen auch im gesetzlichen Rahmen einen angebrachten Stellenwert zu geben. So wird aus der Lehrlingsentschädigung ein Lehrlingseinkommen. Aus der Verwendung von Lehrlingen wird eine Beschäftigung.

Geschaffen wird die Möglichkeit, die Lehre in reduzierter Arbeitszeit zu absolvieren. Dafür müssen Betreuungspflichten für Kinder vorliegen oder der Lehrling selbst gesundheitliche Gründe haben. So soll die Vereinbarkeit von Lehre und Kinderbetreuung erleichtert und Attraktivität der Lehre für die Zielgruppen Frauen und Wiedereinsteigerinnen gesteigert werden. Das Stichwort hierfür ist "Flexi-Lehre".

Mit dem vor dem Namen führbaren Qualifikationstitel des handwerklichen Meisters soll auch eine Aufwertung einhergehen. Der Meistertitel ist als höchster berufsbildender Abschluss für das Handwerk unbestritten und im Nationalen sowie Europäischen Qualifikationsrahmen dem Niveau 6 vergleichbar zu einem Bachelor zugeordnet. Durch die geplante Möglichkeit, die Qualifikation als Meisterin oder Meister im Pass oder Führerschein eintragen zu lassen, soll ihrem Stellenwert in Wirtschaft und Gesellschaft Rechnung getragen werden. 

In den Erläuterungen zum Gesetz heißt es wörtlich, dass "die zunehmende Bedeutung der Lehrlingsausbildung für die österreichische Wirtschaft und der steigende Bedarf nach ausgebildeten Fachkräften das Ansprechen neuer Zielgruppen und die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen erfordert. Die vorliegende Novelle soll dazu einen wesentlichen Beitrag leisten."

(APA)

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