Nachruf

Adolf Holl: Er war ein augenzwinkernder Weiser

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Adolf Holl - ArchivbildDie Presse (Clemens Fabry)
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Österreich hat nicht nur einen seiner klügsten Köpfe, sondern auch einen seiner menschlichsten Gelehrten verloren. Adolf Holl, Theologe und Kirchenkritiker, ist gestorben.

Für mehr als eine Generation war Adolf Holl als Erklärer von geistigen Phänomenen der Zeit eine maßgebliche Instanz. Nun ist der Priester, Wissenschaftler, Publizist und Weltreisende in Sachen Religion nach schwerer Krankheit im 90. Lebensjahr Donnerstagfrüh in Wien-Döbling verstorben. Bekannt wurde Adolf Holl in der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils als Kirchenkritiker. Tatsächlich war er aber viel mehr als das, er war Geschichtsphilosoph, Religionssoziologe und vor allem ein Lehrmeister des Lebens.

Er konnte die in der Bibel so genannten „Zeichen der Zeit“ erkennen wie kaum ein anderer. „Öfter mal was Altes“ hat er augenzwinkernd zu mir gesagt. Was man in Gesprächen mit ihm – neben all den historischen Querverbindungen, die er herstellte – lernen konnte, war, sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen. In Zeiten, in denen das Ego heilig ist, haben es solche Denker schwer.  

Die Presse

Geboren wurde Adolf Holl am 13. Mai 1930 als Sohn der Josefine und des Carl Holl. Kennengelernt hat er aber weder seinen Namensgeber noch den leiblichen Vater. Er wuchs in einem Frauenhaushalt bei seiner Mutter und Ziehgroßmutter in Wien-Breitensee als aufgeweckter Knabe im Gemeindebau auf. Sein Erzeuger - ein mit einer anderen als seiner Mutter verheirateten Frau - starb, als er noch keine zwei Jahre alt war. Der Mann, dessen Namen er trug, war mit seiner Mutter nur eine Scheinehe auf Bezahlung eingegangen und machte sich nach Begleichung der Rechnung aus dem Staub. Adolf Holl aber sprach von „einer glücklichen Kindheit“ – mit zwei Frauen, die ihn liebten.

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