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Ministerium stoppt Flüchtlings-Rollenspiel an Schulen

Symbolbild: Bühne
Symbolbild: Bühne(c) Clemens Fabry, Presse
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Die Behörden kündigen eine Untersuchung an. Im Theaterverein versteht man die Kritik nicht: "Die Kinder waren hellauf begeistert.“ Auch Schüler verteidigen das Rollenspiel.

Ein Flüchtlings-Rollenspiel des "Theatervereins Ansicht" für Schüler einer AHS in Wien-Währing scheint ein sprichwörtliches Nachspiel zu nehmen: Nach Berichten der "Kronen Zeitung" und "oe24.at" hat das Bildungsressort das Projekt "mit sofortiger Wirkung" gestoppt. Außerdem sei seitens des Ministeriums von Heinz Faßmann (ÖVP) sowie seitens der Bildungsdirektion eine Untersuchung angekündigt worden. Bei dem Theaterverein verstand man am Donnerstag die geäußerte Kritik nicht: "Die Kinder waren hellauf begeistert."

Das Projekt sei für Unterstufenschüler nicht geeignet. Außerdem seien die Eltern nicht im Voraus über das Rollenspiel informiert worden, kritisiert man in der Bildungsdirektion am Donnerstag."Hier scheint eine Grenze überschritten worden zu sein", wird Bildungsminister Faßmann in einer Aussendung zitiert. "Schülerinnen und Schüler zu verängstigen ist kein pädagogisches Konzept." Gemeinsam mit der Bildungsdirektion sollen die "Vorfälle" nun untersucht werden. Susanne Raab (ÖVP) nennt es "unverantwortlich und unverständlich, dass solche 'Spiele' in Österreichs Schulen abgehalten und damit Ängste bei Kindern ausgelöst werden." Es sei richtig, dass Faßmann hier durchgreife.

„ Hier wird parteipolitisches Kleingeld gemacht"

Flo Staffelmayr vom "Theaterverein Ansicht" konnte die Kritik an dem Projekt am Donnerstag nicht nachvollziehen, die Rückmeldungen von Schülern und Lehrern seien durchgehend positiv gewesen. Die in "Krone" und "oe24.at" geäußerte Kritik, wonach Schüler das Planspiel als Psychoterror erlebt hätten, hält er für Einzelmeinungen. "Mich ärgert, dass hier parteipolitisches Kleingeld gemacht wird und dass eine Direktorin, die sich traut, etwas Besonderes zu machen, eins auf den Deckel bekommt."

Gestaltet wurde das erstmals durchgeführte "Projekt Migration erleben" laut Staffelmayr von einem Team aus Schülern und Lehrern der Schule, der Verein habe nur die Moderation übernommen. An einem Aktionstag, an dem die gesamte Schule exklusive erster Klassen beteiligt gewesen sei, sollten die Schüler erleben, was Migration bedeutet. Beim Eingang erhielten die Schüler dafür neben einem vorübergehenden Pass für das frei erfundene Land samt Fantasiesprache eine "Spielanleitung".

Um bleiben zu dürfen, mussten die Neuankömmlinge mehrere Stationen (u.a. eine Hymne des Landes, ein Tanz, ein Quiz) erfolgreich absolvieren. "Das Gebäude stellt das Land dar, in welches man einreisen möchte, es gibt Grenzkontrollen, Warteschlangen, Befragungen durch Grenzbeamte, Willkür und absurde Tests", heißt es auf der Homepage des Vereins, dessen Projekt vom Zukunftsfonds und Kulturkontakt Austria gefördert wurde. Schülern mit Fluchterfahrung habe man freigestellt, ob sie an diesem Tag in die Schule kommen. Bis auf einen hätten allerdings alle teilgenommen, so Staffelmayr.

Der Verein habe damit auf Anregung von Pädagogen auch ein Gegenprojekt zum als "Propaganda" kritisierten, vom Innenministerium beauftragten Schultheaterstück "Welt in Bewegung" über das unterschiedliche Schicksal zweier Flüchtlinge starten wollen, schildert Staffelmayr. Gleichzeitig betont er: "Wir machen hier definitiv kein politisches Programm. Wir werfen mit unserer Arbeit Fragen auf und fördern kritisches Denken." Er sei deshalb auch dankbar über die nunmehrige Aufregung in Medienberichten. "Da können die Schüler eine Parallele ziehen zwischen der Realität und dem, was in der Zeitung steht."

Schülervertreter verteidigen Rollenspiel

Schülervertreter haben in einer Stellungnahmen gegenüber der Austria Presse Agentur das Projekt verteidigt. Sie betonen, "dass das Wohlergehen jedes Schülers und jeder Schülerin während des gesamten Projektes für alle Beteiligten an oberster Stelle stand". Das Projekt sei über mehrere Monate von vielen Schülern unterschiedlicher Altersklassen und Lehrern in Zusammenarbeit mit dem Theaterverein "sorgfältig geplant" worden, so Schulsprecher Laurenz Strauch und Schülervertreter Maximilian Kovar.

Zudem habe es eine mehrstündige Aufarbeitung des Projekts gegeben, in der eine kritische Auseinandersetzung damit möglich gewesen und der Zusammenhang mit der Realität ausführlich besprochen worden sei. "Wir finden es gut, dass die Schüler hierdurch lehrreiche Erfahrungen (nämlich einem undurchschaubaren System gegenüberzustehen) in einem kontrollierten Umfeld sammeln konnten, dass Schüler mit Fluchterfahrung vorzeitig informiert wurden und dass diese die Möglichkeit hatten, daran nicht teilzunehmen", so die Schülervertreter.

"Eine von Parteien ausgehende politisierende Sichtweise des Projektes halten wir für fehl am Platz und missinterpretiert. Die einzige Ideologie die dem zugrunde liegt, ist die der uneingeschränkten Menschenrechte", heißt es in der Stellungnahme.

(APA/Red.)

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