Hahnenkammrennen

Ganz locker durch die Mausefalle

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Die ÖSV-Abfahrer suchen die zum Siegen nötige Leichtigkeit – gerade in Kitzbühel ist das keine einfache Aufgabe. Gemeistert hat sie bisher nur einer.

Matthias Mayer schlendert nach seinem Trainingslauf lächelnd durch den Zielraum. Er kommt an Beat Feuz vorbei, der gerade Interviews gibt, stellt sich mit einem breiten Grinser hinter den Schweizer und macht Faxen. Allgemeines Gelächter bricht aus. Doch die zur Schau getragene Lockerheit der beiden Konkurrenten ist die Ausnahme.

Kitzbühel, das bedeutet immer ein bisschen mehr von allem. Mehr Adrenalin, mehr Nervosität, mehr Anspannung.

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Dabei ist gerade eine kontrollierte Lockerheit das beste Erfolgsrezept in diesem Winter, zumindest für den bisher dominierenden Abfahrer Beat Feuz und bis zur Verletzung auch für Dominik Paris. Mayer hat diese Leichtigkeit ebenfalls, neuerdings ein Muss für einen Abfahrts-Champion. Nur ist der Kärntner der Einzige im ÖSV-Team, auf den dieser Befund zutrifft. Der Rest macht sich vor den Hahnenkammrennen (Super-G heute, Abfahrt Samstag, je 11.30 Uhr, ORF 1) noch schnell auf die Suche.

Das Beispiel Kriechmayr

„Will man etwas erzwingen, wird es schwierig“, sagt ÖSV-Herrenchef Andreas Puelacher in Kitzbühel. „Paris und Feuz haben uns gezeigt, dass diese Lockerheit dazugehört, um Rennen zu gewinnen. Darum machen sie auch weniger Fehler. Wir müssen diese Lockerheit kriegen, dann ist einiges möglich.“ Mit Muss und am besten ganz schnell zur Leichtigkeit des Seins? Ein schier unmögliches Unterfangen, vor allem auf der Streif, beim größten Skirennen des Winters, beim Klassiker vor 50.000 Skifans. „Es gibt bessere Orte dafür“, weiß Puelacher.

Bestes Beispiel ist Vincent Kriechmayr. Ein technisch überragender Abfahrer, der sein Potenzial zuletzt jedoch nicht ausgeschöpft hat, in fünf Rennen gelang ein Podestplatz (Zweiter in Beaver Creek). „Natürlich hat mich das gewurmt, dann wollte ich es ein wenig erzwingen“, erklärt Kriechmayr. „Wir haben uns vor der Saison andere Ziele gesteckt. Wir wollten um den Abfahrtsweltcup mitfahren.“ Und so schleichen sich Fehler ein, im zweiten Abfahrtstraining in Kitzbühel stürzte der 28-jährige Oberösterreicher, sein Abflug ins Netz endete glimpflich.

APA/GEORG HOCHMUTH

Ganz anders Mayer. Der Kärntner ist Favorit im Super-G und nach dem Ausfall von Paris bei der Abfahrt wohl erster Herausforderer von Feuz. Beim 29-Jährigen lief es zuletzt sogar abseits seiner Kernkompetenz bestens. In Beaver Creek war er überhaupt der bestplatzierte ÖSV-Riesentorläufer und mit ungeahnt schnellen Slalom-Schwüngen sicherte er sich vergangene Woche die Kombination in Wengen.

Fehlt heuer also nur noch der ganz große Abfahrts-Coup. Top-fünf-Plätze sind bei Mayer die Regel. „Wenn man Vierter oder Fünfter wird, geht natürlich immer ein wenig mehr. Es haben immer nur ein paar Hundertstel auf einen Podestplatz gefehlt. Ich weiß, dass ich gut dabei bin“. Außerdem kommt das Hundertstel-Glück früher oder später zurück, heißt es.

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Im Gegensatz zu den Teamkollegen geht Mayer mit dem Selbstvertrauen eines Doppelolympiasiegers an den Start. Auch in Kitzbühel hat er schon alles erlebt. Er zahlte Lehrgeld, gewann den Super-G (2017) und verhinderte 2018 gerade noch einen bösen Sturz in der Traverse. Im Vorjahr war er Neunter. Heuer, bei Traumbedingungen auf der Streif, haben ihm die Trainingsläufe (Plätze sechs und drei) Spaß gemacht, erklärte Mayer in entspannter Manier. Freilich wissend, dass vielen Konkurrenten hier das Herz bis zum Hals schlägt.

Die Lockerheit kommt mit der Erfahrung, den Erfolgserlebnissen. Wenn nicht schon die Besichtigung mental zum Energiefresser wird, geht alles leichter. Auch abseits der Piste hat Mayer ein Rezept: „Ich schaue, dass ich wegkomme von dem Ganzen.“ Am Abend wird etwa Karten gespielt. „Oder eine Runde Schach. Das ist meine Ablenkung.“ Ob es denn auf dem Schachbrett ebenbürtige Gegner gibt in der ÖSV-Truppe? „Wenig“, sagt Mayer und lacht. Nicht nur im Schach ist das gerade so.

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