Ein Experte warnt, dass die Abriegelung chinesischer Großstädte zu spät kommen könnte. An den Börsen sorgt der Erreger zum schlimmsten Einbruch seit einem halben Jahr.
Peking. An Tagen wie diesen könnte das Alltagsempfinden der chinesischen Bevölkerung und die Realität der offiziellen Staatslinie nicht weiter auseinanderliegen: Selbst zehn Minuten nach Beginn der Abendnachrichten „Xinwen Lianbo“ im Staatsfernsehen hat der Sprecher im schwarzen Anzug und roter Krawatte noch immer kein Wort über den Virusausbruch verloren. Auf den sozialen Netzwerken hingegen erhalten Kurzvideos von besorgten Bürgern bis zu 1,5 Milliarden Klicks: etwa von heillos überfüllten Spitälern in Wuhan, wo verzweifelte Patienten abgewiesen werden müssen.
Zu berichten wäre viel: Seit Donnerstag geht es in der zentralchinesischen Stadt Wuhan weder rein noch raus. Die Regierung hat die elf Millionen Einwohner de facto unter Quarantäne gestellt. U-Bahnen fahren nicht mehr, Zuganbindungen wurden gekappt, der Flugverkehr ist lahmgelegt. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtet, sollen auch die Autobahnverbindungen unterbrochen worden sein.
Eine Stadt – von Fläche und Einwohnerzahl vergleichbar mit der Metropolregion London – ist von der Außenwelt abgeschnitten. Im Lauf des Tages folgten Beschränkungen für zwei weitere Millionenstädte: In der 75 Kilometer östlich gelegenen Sieben-Millionen-Stadt Huanggang sollte der öffentliche Verkehr ab Mitternacht gestoppt werden, Menschen sollen die Stadt nicht mehr verlassen. Ähnliche Restriktionen gelten für die benachbarte Stadt Ezhou mit einer Million und für die Stadt Chibi mit einer halben Million Einwohnern. Alle Städte liegen in der Provinz Hubei. In Shanghai forderten Bürger bereits eine freiwillige Isolierung, um sich gegen Ankömmlinge aus Wuhan zu schützen.