EU-Budget

Karas will Anleihen für Unionsbudget

Othmar Karas, Vizepräsident EU-Parlament.
Othmar Karas, Vizepräsident EU-Parlament.APA/ROLAND SCHLAGER
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Der Vizepräsident des Europaparlaments warnt davor, dass für die ehrgeizigen Pläne der Union nicht genug Geld vorgesehen werde. Die neue Europäische Kommission hält von seinem Vorschlag allerdings nichts.

Brüssel. Eine Woche vor der Wahl der neuen Riege der EU-Kommissare schickte Othmar Karas einen besorgten Brief an Ursula von der Leyen, die designierte neue Kommissionspräsidentin. „Im Vorfeld dieses bedeutenden Ereignisses für die europäische Demokratie wende ich mich an Sie, um Ihnen die folgende von mir entwickelte Idee zu ,schenken‘“, erklärte der Vizepräsident des Europaparlaments in seinem Schreiben vom 18. November vorigen Jahres. „Als Präsidentin der Europäischen Kommission könnten Sie sich direkt an die europäischen Bürgerinnen und Bürger wenden und ihnen einen Vorschlag machen, wie sie sich selbst an der Finanzierung europäischer Klimaschutzprojekte und damit an ihrer Zukunft beteiligen können.“ Denn die harte Haltung der Regierungen mehrerer Nettozahlerländer (darunter Österreich), wonach der Finanzrahmen der Union für die Jahre 2021 bis 2027 höchsten ein Prozent der Wirtschaftsleistung betragen solle, entspreche „schlicht nicht den massiven Aufgaben, die uns bevorstehen“.

Hier also Karas' Ideengeschenk: Die Kommission solle erstens gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Zentralbank (EZB) „eine standardisierte und zweckgebundene europäische Zukunftsanleihe initiieren“. Zweitens solle sie in Zusammenarbeit mit der EIB „im Sinn des Crowdfunding-Prinzips einen Zukunftsfonds“ auflegen. Diese Ideen würde er gern „in einem persönlichen Gespräch“ erörtern.

Zwei Monate später habe er noch keine Rückmeldung von der neuen Präsidentin erhalten. Die Verhandlungen über den Finanzrahmen stecken weiterhin fest, auch wenn Charles Michel, der neue Präsident des Europäischen Rats, seit Wochen einen Staats- und Regierungschef nach dem anderen in dieser Frage einzeln ins Gebet nimmt.

So fand Karas den Anlass gegeben, seinen Vorschlag am Donnerstag mit den österreichischen EU-Korrespondenten zu teilen. „Die Bürger werden in der öffentlichen Debatte über das EU-Budget in die Irre geführt“, sagte er und kündigte eine Informationskampagne des Parlaments an. Sie solle öffentlichen Druck für eine Erhöhung des Haushalts schaffen. 41Prozent der Bürger seien zwar noch dagegen, verwies er auf eine Eurobarometerumfrage. Aber das sei weniger als früher. 40 Prozent wollten mehr Geld für die EU. Und 19 Prozent seien unentschlossen: „Bei diesen Nichtinformierten müssen wir ansetzen.“

„Nichts für Nachverfolgung“

Die Frage, ob er seinen Parteiobmann, Bundeskanzler Sebastian Kurz, im Lager der „Nichtinformierten“ oder jenem derer sehe, welche die Bürger in die Irre führen, umschiffte Karas: „Mir geht es hier nicht um Prozentzahlen. Der Green Deal für die EU spiegelt sich derzeit nicht im Finanzrahmen wider. Es ist Kreativität gefragt.“

Bei der Kommission, die einen Gesetzesvorschlag für solche Anleihen machen müsste, darf Karas allerdings auf kein großes Interesse hoffen: „Ich denke nicht, dass das etwas für die operative Nachverfolgung in näherer Zukunft ist“, hieß es auf Anfrage der „Presse“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2020)

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