Digitalisierung

„Möglichst alle User abholen“

Die Studierenden bewegen sich schon in der digitalen Welt. Nun soll die Digitalisierung die gesamte Uni erfassen.
Die Studierenden bewegen sich schon in der digitalen Welt. Nun soll die Digitalisierung die gesamte Uni erfassen.(c) Getty Images/iStockphoto (Harbucks)
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Die Unis wollen die digitale Transformation vorantreiben und bündeln die Agenden auf Ebene der Vizerektoren. Ein Querschnitt durch deren Aufgaben und Visionen.

Der Kulturwandel geschieht bereits, sagt Ronald Maier, Vizerektor für Digitalisierung an der Uni Wien und erinnert an die Vorreiterrolle etwa der Uni-Bibliotheken. Aktuell ortet der Experte neue Dynamik durch den breiten Konsens, dass Digitalisierung alle betrifft. Im Vergleich zu Unternehmen gibt es für den Wirtschaftsinformatiker bei Digitalisierungsprozessen an der Uni markante Unterschiede. Maier betont hier vor allem die Begeisterung aller Akteure. „Alle jonglieren mit den Bällen und werfen sie einander zu. Es gibt praktisch keine Widerstände, wir müssen sogar teilweise Erwartungshaltungen dämpfen.“ Aktuell geht der Vizerektor, der seit 1. Oktober 2019 im Amt ist, die Fakultäten durch. „Alle machen etwas“, so seine Zwischenbilanz. Auch bezüglich Zielgruppe seien die Unis, mit Studenten zwischen 19 und 30 Jahren, in einer vorteilhaften Lage.

Die Studierenden sind auch im Fokus des Projekts „Teaching Digital Thinking“, das im Rahmen einer Digitalisierungsausschreibung des BMBWF gefördert wird (siehe unten). Dabei geht es darum, jeweils angepasste digitale Skills in Lehrveranstaltungen aller Fächer zu verankern. Insgesamt ist die Uni Wien an 14 der 35 ausgewählten Digitalisierungsprojekten beteiligt, berichtet Maier, der auch gemeinsam mit anderen ein Netzwerk aller Digitalisierung-Vizerektoren an heimischen Hochschulen ins Leben gerufen hat.

Forschung als Basis

Die Uni Wien sieht Maier in einer besonderen Rolle, da sie mit ihrer breiten Ausrichtung die verschiedensten Aspekte der Digitalisierung abdeckt. „Das Ziel sei, „auf Basis von Forschungsergebnissen zu einer menschengerechten Digitalisierung zu kommen“. Bezüglich der Uni Wien ist eine Vision für die nächsten fünf bis zehn Jahre gerade im Entstehen – die vorbereitenden Gespräche mit den einzelnen Fakultäten hat Maier zu zwei Drittel absolviert.

Eine schon „sehr digitale“ Uni fand die ehemalige IBM-Österreich-Chefin Tatjana Oppitz vor, als sie im Herbst 2019 das Amt der Vizerektorin für Digitalisierung und Infrastruktur der WU Wien antrat. Anwendungen wie campusweite Raumbuchungen oder Online-Anmeldungen seien bereits Status quo. Für Oppitz ist entscheidend, dass die Digitalisierung keine losgelöste Strategie ist, sondern als Teil eines gesamten Entwicklungsplans „aus einem Guss“ umgesetzt wird. Zudem müsse die Digitalisierung einen Mehrwert für den User bringen. Ein solcher Mehrwert ist etwa die Barrierefreiheit, die auch einen einfachen Zugang zu Daten und Wissen beinhaltet. „Das hat auch eine soziale Dimension“, so Oppitz. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei, die WU als attraktive Arbeitgeberin zu positionieren.

In der Lehre muss für Oppitz Digital Economy involviert sein. Gemeinsam mit dem zuständigen Vizerektor und der Fakultät will sie überlegen, was es dazu an Inhalten und Methoden braucht. Bezüglich neuer Formate – Stichwort Onlinekurse – betont Oppitz, dass die WU einen tollen Campus habe, Blended-Learning-Angebote aber die Studierbarkeit weiter erhöhen könnten. Ihre Formel: „Basiswissen online, Präsenzveranstaltungen, um die Qualität sicherzustellen.“ Generell will sie den Digitalisierungsprozess unter Einbeziehung aller partizipativ gestalten.

Effizienz digital umsetzen

„Wir haben aus den verschiedensten Bereichen viele Ideen im Rahmen eines Innovationsprogramms. Diese werden gesammelt und gemeinsam priorisiert. Wir wollen vorhandene Effizienz des gesamten Campus auch in die digitale Welt transformieren. Die Vision: hundertprozentige Mobilität und möglichst alle User abzuholen“, sagt Oppitz.

Als erster Vizerektor für Digitalisierung an einer österreichischen Uni hat Josef Eberhardsteiner diese Agenden seit Anfang 2019 an der TU Wien inne. Auch für ihn ist die koordinierte Zusammenführung von Anforderungen der Digitalisierung zentrales Thema. Fokusgruppen aus Forschung, Lehre, Verwaltung, Infrastruktur und Studium sollen spezifische Projekte anstoßen. Gleichzeitig erhalten Mitarbeiter und Studierende die Möglichkeit, Methoden und Tools auszuprobieren, die ihren jeweiligen Anforderungen im Alltag entgegenkommen. Ein spezifisches Ausbildungsziel sei die Vermittlung einer umfassenden Datenkompetenz für alle Studierenden.

Die Verankerung der Digitalagenden in einem Ressort ermöglichte eine tiefer greifende Umsetzung innerhalb der Universität. „Dadurch konnte ein digitaler Transformationsprozess angestoßen werden, der die TU Wien länger begleiten wird“, sagt der Vizerektor, der auch auf den eingeschränkten finanziellen Spielraum der Universitäten hinweist und darauf, dass Anfangsinvestitionen bei Digitalisierungsprojekten schwer abschätzbar sind.

Auch Eberhardsteiner betont die Rolle der Universitäten als traditionelle Treiber der Digitalisierung. Diese sieht er als Chance für eine Zusammenarbeit zwischen den Universitäten, um die Bereiche Lehre, Infrastruktur und Administration gemeinsam weiterzuentwickeln und Synergien zu schaffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2020)

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Geld für Uni-Digitalisierungsprojekte

Insgesamt 50 Millionen Euro investiert das BMBWF in Digitalisierungsprojekte, die jeweils mehr als eine Uni betreffen.

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