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SPD-Ex-Vizekanzler Gabriel geht zur Deutschen Bank

Bundesaussenminister Sigmar Gabriel SPD sitzt in einem Helikopter 29 08 2017 Teterboro Teterbor
Bundesaussenminister Sigmar Gabriel SPD sitzt in einem Helikopter 29 08 2017 Teterboro Teterborimago/photothek
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Sigmar Gabriel hatte dem Geldhaus einst „Spekulantentum" vorgeworfen und wollte es zerschlagen lassen. Laut Insidern steckt der Großaktionär Katar hinter dem linken Ex-Politiker.

Der Weg von der Sozialdemokratie zur Hochfinanz kann kurz sein: Die krisengeplagte Deutsche Bank holt überraschend den früheren SPD-Chef und Ex-Wirtschafts- sowie Außenminister Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat, wie die Bank am Freitag mitteilte. Der 60-Jährige folgt auf Jürg Zeltner, den die Finanzaufsicht wegen Interessenkonflikten nicht akzeptiert hat.

Für Aufsichtsratschef Paul Achleitner, einen gebürtigen Österreicher, endet damit eine monatelange Suche. Insidern zufolge genießt Gabriel, der die Deutsche Bank früher scharf kritisiert hat, das Vertrauen des Großaktionärs der Bank im Golfemirat Katar. Die Frage ist, ob der ehemalige Vizekanzler (2013 - 2018) auch das Potenzial hat, Nachfolger von Achleitner zu werden.

In seiner Zeit als SPD-Politiker (er führte die SPD von 2009 bis 2017) hatte Gabriel noch Pläne seiner Partei unterstützt, Großbanken zu zerschlagen, und der Deutschen Bank "Spekulantentum" vorgeworfen. Nun lobte er sie: "Mit einer nun klaren Strategie und ihrem starken Führungsteam hat die Deutsche Bank als eine der wichtigsten Finanzinstitutionen in Europa die Chance und die Verantwortung, die Zukunft der deutschen und europäischen Wirtschaft mitzugestalten. Dazu möchte ich einen Beitrag leisten."

Achleitner erklärte, mit Gabriel habe die Bank einen überzeugten Europäer mit "großem Erfahrungsschatz" für das Kontrollgremium gewonnen.

Die Katar-Connection

Insidern zufolge hatte der Aufsichtsratschef Gabriel selbst dem Großaktionär Katar vorgeschlagen, der das Anrecht auf die Besetzung des Postens hatte. Das Königreich ist über zwei Fonds mit mehr als sechs Prozent an der Deutschen Bank beteiligt. Der Katar-Vertraute Zeltner wurde von der Aufsicht abgelehnt, weil er Chef und Investor bei der Privatbankengruppe Quintet ist, die von Katar kontrolliert wird.

imago images/photothek

Die Berufung Gabriels sei im Vorfeld mit den Behörden abgestimmt worden, sagten Insider. Laut Deutscher Bank soll Gabriel zunächst gerichtlich bestellt werden und sich bei der nächsten Hauptversammlung im Mai den Aktionären zur Wahl stellen.

Die Fondsgesellschaft Deka, die zu den Großinvestoren der Bank gehört, sieht die Personalie positiv. "Gabriel weiß, wie Berlin tickt, und ist gut vernetzt", sagte Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka. Als Wirtschaftsminister habe er gute Kontakte zu Unternehmen, von denen die Bank profitieren könne. Außerdem bringe der Sozialdemokrat Expertise mit in Bezug auf Regulierung.

Skepsis bei Kleinanlegern

Bei Kleinaktionären herrschte dagegen Skepsis: "Ich hätte mir lieber jemanden im Aufsichtsrat gewünscht, der mehr Finanzerfahrung mitbringt und die Bank inhaltlich voranbringen kann", sagte Anlegeranwalt Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Ich mache ein Fragezeichen dahinter, ob er der Richtige ist."

Ganz ohne Finanzerfahrung steht Gabriel, er stammt aus Niedersachsen, indes nicht da. Er gehörte 2005 bis 2009 dem Verwaltungsrat der staatlichen Förderbank KfW an und hat das Gremium zeitweise geleitet. Seit seinem Rückzug aus der Regierung 2018 ist er in internationalen Gremien und Organisationen aktiv. 2018 hatte er ebenfalls einen prominenten Posten in der Wirtschaft in Aussicht: Auf Wunsch von Siemens sollte er in den Verwaltungsrat des geplanten Bahntechnik-Konzerns Siemens Alstom einziehen. Doch der Zusammenschluss scheiterte am Widerstand der EU-Kommission.

Auf Gabriel wartet in Frankfurt keine leichte Aufgabe. Die Bank steckt im größten Umbau ihrer Geschichte, dem weltweit 18.000 von zuletzt rund 90.000 Jobs zum Opfer fallen. 2019 gab es einen Verlust in Milliardenhöhe.

(Reuters)

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