Wintersport

Die perfekte Show der Skination

Der Zielschuss beim Hahnenkamm ist für Fahrer das wahre Erlebnis. Matthias Mayer raste mit 142 km/h an der Fanmasse vorbei.
Der Zielschuss beim Hahnenkamm ist für Fahrer das wahre Erlebnis. Matthias Mayer raste mit 142 km/h an der Fanmasse vorbei.(c) APA/EXPA/JOHANN GRODER (EXPA/JOHANN GRODER)
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Österreichischer Doppelsieg auf der Streif: Matthias Mayer ist einmal mehr zur Stelle, wenn die großen Titel vergeben werden, Vincent Kriechmayr ist ausnahmsweise stolz.

Es gibt Skifahrer, die weit mehr Siege auf dem Konto haben. Aber die wirklich großen Rennen gewinnt Matthias „Mothl“ Mayer. Olympia-Gold 2014, Olympia-Gold 2018, und nun das größte Skirennen überhaupt, die Hahnenkamm-Abfahrt in Kitzbühel. „Das fällt mir mittlerweile auch schon auf, dass ich mir die guten Rennen raussuche“, sagt der 29-Jährige mit einem Schmunzeln.

Zweieinhalb Stunden zuvor hatte Mayer mit Startnummer 13 eine nahezu perfekte Fahrt auf die Streif gezaubert. Und das bei nicht einfachen Verhältnissen. Über dem Hahnenkamm hatte sich Hochnebel breitgemacht, die Sicht war schlechter als noch beim Prachtwetter der Vortage. „Ich habe für jede Kurve, für jeden Meter da runter meinen Plan gehabt. Beim Zielsprung habe ich links und rechts die Bengalischen Feuer aufgehen sehen, da habe ich gedacht, das könnte schnell gewesen sein“, erzählte Mayer, als der erste ÖSV-Abfahrtssieg auf der Streif seit 2014 (Hannes Reichelt) Gewissheit war.

Über 40.000 Zuschauer waren heuer an die Strecke geströmt, die TV-Übertragungen erreichten weltweit über 400 Millionen Menschen. „Eine Last ist schon weg. Das ist das Rennen der Rennen, da kannst du sagen, was du willst“, erklärte Mayer. „Ich habe versucht, ruhig zu bleiben und auf mein Skifahren zu vertrauen.“

Die Hahnenkamm- Helden Vincent Kriechmayr (l.) und Matthias Mayer.
Die Hahnenkamm- Helden Vincent Kriechmayr (l.) und Matthias Mayer.(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)

Um die österreichische Sternstunde perfekt zu machen, landete Vincent Kriechmayr zeitgleich mit dem Schweizer Topfavoriten Beat Feuz auf Platz zwei. „Ein starkes Rennen von mir. Ich bin stolz“, meinte der sonst so selbstkritische Oberösterreicher. Bemerkenswert: Im letzten Abfahrtstraining hatte die Streif den 28-Jährigen noch abgeworfen, Kriechmayr war unter halb des Hausbergs im Netz gelandet.


Kärntner Trio. In Kitzbühel wurden einst die Legenden von Toni Sailer und Franz Klammer geboren, aber auch die Karrieren von Hans Grugger und Patrick Ortlieb beendet. Dank des Duos Mayer/Kriechmayr ist der Gamsstadt nun ein weiterer Eintrag in der österreichischen Ski-Historie sicher. Auch Kärnten jubelt: Mayer ist nun wie seine großen Landsmänner Klammer und Fritz Strobl sowohl Kitzbühel-Champion als auch Abfahrtsolympiasieger.

Der Mann aus Afritz am See und Sohn von Olympiamedaillengewinner Helmut Mayer (Super-G-Silber Calgary 1988) ist es auch, der gemeinsam mit Kriechmayr die rot-weiß-roten Fahnen in diesem Abfahrtswinter hochhält. In fünf von sechs Abfahrten landete er in den Top fünf, mit Beaver Creek hat Mayer bisher nur ein Rennen „vergeigt“, wie er sagt. „Ich bin überrascht und sehr zufrieden mit meiner Saison.“

Nur einer ist in Sachen Konstanz heuer unübertroffen: Der Emmentaler Beat Feuz fuhr in allen Abfahrten aufs Stockerl, so auch in Kitzbühel. Ein bitterer Beigeschmack blieb allerdings: Für den 32-Jährigen war es der schon vierte zweite Platz beim Hahnenkamm-Klassiker, die Streif bleibt weiterhin der weiße Fleck seiner beeindruckenden Abfahrtskarriere. Feuz nahm es mit Humor. „Wir Speedfahrer sind nette Menschen. Domme (Dominik Paris, Anm.) haben wir in Bormio siegen lassen, mich haben sie in Wengen siegen lassen, und den Mothl haben wir hier siegen lassen.“

Ob der Galavorstellung der ÖSV-Stars war in Kitzbühel zumindest an diesem Tag kein Wort mehr von den zuletzt brennenden Themen Nationencup (die Schweiz führt nach wie vor) und Nachwuchs-Krise zu hören. Das Ski-Fest war schließlich wieder ein voller Erfolg, der US-Amerikaner Bryce Bennett etwa, der zwischenzeitlich geführt hatte und am Ende Achter wurde, war ob der beeindruckenden Atmosphäre den Tränen nahe.

Alles gesund. Ein Rennen wie gemacht also für große Champions wie Matthias Mayer. „Kitzbühel kann mit Olympia schon mithalten“, meinte er. Besser geht es freilich immer noch, auf der Streif gab es auch schon einen ÖSV-Dreifachsieg: 2001 gewann Hermann Maier vor Hannes Trinkl und Stephan Eberharter. Letzterer jubelte Mayer im Zielraum zu, und Trinkl hat als FIS-Renndirektor wieder einmal sein schwierigstes Rennen hinter sich gebracht. „Das Wichtigste ist, dass die Buben gesund runterkommen“, meinte der Oberösterreicher. Er wurde erhört, alle vier Stürze endeten glimpflich.

Und während die Gamsstadt das perfekte Spektakel und die Skination ihre Helden feierte, trat ein Großer des Abfahrtssports von der Bühne ab: Der 37-jährige Kastelruther Peter Fill, Kitzbühel-Sieger 2016 und zweifacher Gewinner der Abfahrtskugel, verkündete Samstagnachmittag seinen Rücktritt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2020)

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