Der über 150 Jahre alte Jugendroman „Little Women“ hat Generationen von Mädchen geprägt. Greta Gerwig ringt ihm in ihrer Verfilmung neue Facetten ab. Ab Freitag im Kino.
Moral? Das verkaufe sich heutzutage nicht mehr, sagt ein Verleger im zweiten Teil des Romans „Little Women“ zu Jo March, die mit dem Schreiben kleiner Geschichten das bescheidene Einkommen ihrer Familie aufbessern will: „People want to be amused, not preached at, you know.“ Woraufhin sich Louisa May Alcott, die Autorin von „Little Women“, sogleich als Erzählerin einschaltet, um zu widersprechen: „Not quite a correct statement“. Ihr Roman ist voller Moral: Keine Jugendsünde, die nicht bereut wird, kein Streit, der nicht mit Versöhnung endet. Altruismus wird stets belohnt, Gier, Neid und Eitelkeit werden bestraft. Die Geschichte über das Erwachsenwerden von vier künstlerisch begabten Schwestern während des US-Bürgerkriegs hat das Bild der tüchtigen protestantischen amerikanischen Mittelklassefamilie für Jahrzehnte geprägt.
Doch in dem Märchen über Häuslichkeit und weibliche Zurückhaltung sind geschickt auch subversivere Elemente versteckt – was vielleicht den lang anhaltenden Erfolg erklärt. Bei seinem Erscheinen 1868 war „Little Women“ ein Bestseller. Immer noch schafft er es regelmäßig in die Listen der beliebtesten englischsprachigen Romane (auf Deutsch erschien er auch als „Betty und ihre Schwestern“). Und er inspirierte Autorinnen von Elena Ferrante bis J. K. Rowling.