L'Oréal: Erbstreit mit pikanter Wendung

(c) AP (Thibault Camus)
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Die Affäre um L'Oréal-Milliardenerbin Liliane Bettencourt bringt nun den französischen Arbeitsminister in Not. In den publizierten Auszügen der belauschten Gespräche ist nun auch von Steuerbetrug die Rede.

Frankreich wird von zwei Themen beherrscht: dem peinlichen Debakel der Équipe tricolore bei der WM – und dem Erbstreit um L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt. Die Frage: Haben skrupellose Profiteure die Altersschwäche der großzügigen französischen Milliardärin ausgenutzt?

Der Verdacht scheint durch die Spionage ihres Butlers bestätigt. Nun wird eine politische Affäre daraus, die auch den als künftigen Premier gehandelten Arbeitsminister Eric Woerth und seine Gattin in Bedrängnis bringt.

Zwölf Monate lang hat der Butler Pascal alles mitgehört, was im Arbeitszimmer seiner Arbeitgeberin, der Milliardärin Liliane Bettencourt, gesagt und manchmal nur geflüstert wurde. Was da beispielsweise der Vermögensverwalter Patrice de Maistre oder der Notar Jean-Michel Normand mit der reichsten Frau Frankreichs zu besprechen hatten, war wirklich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Mit einem versteckten Diktafon hat der langjährige Hausangestellte die vertraulichen Gespräche aufgezeichnet und sie Liliane Bettencourts Tochter Françoise ausgehändigt.


Diese hat die Dokumente umgehend der Finanzbrigade der Polizei übergeben. Die Aufnahmen sollen den definitiven Beweis erbringen, dass ihre betagte Mutter nicht mehr im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte ist und von skrupellosen Beratern und Mitarbeitern manipuliert und ausgenutzt wird.

Schon länger fand die Tochter die Zuwendungen ihrer Mutter an den Fotografen François-Marie Banier mehr als suspekt. Diesem Freund soll Liliane Bettencourt im Verlauf der Jahre Geld, Immobilien und Kunstwerke im Gesamtwert von annähernd einer Milliarde Euro geschenkt haben. Aufgrund einer Strafklage von Françoise Bettencourt-Meyers muss Banier sich Anfang Juli vor dem Strafgericht verantworten.

In den nun publizierten Auszügen der belauschten Gespräche ist aber nicht nur von Erbschleichern, sondern auch von Steuerbetrug, geheimen Bankkonten in der Schweiz, Wahlspenden und kompromittierenden Kontakten zu Ministern und zur Staatsführung die Rede. Der Vermögensverwalter de Maistre beschreibt, wie er zwei Bankkonten in der Schweiz mit rund 80 Millionen nach Singapur transferieren werde, bevor die französischen Steuerermittler ihm auf die Schliche kommen könnten. Zu solchen Vorsichtsmaßnahmen zwinge der vom damaligen Haushaltsminister Eric Woerth verschärfte Kampf gegen die Steuerflucht und das Bankgeheimnis. Im Nachhinein bedauert de Maistre, dass er angeblich auf ausdrücklichen Wunsch von Woerth dessen Gattin in einer leitenden Position angestellt habe.

Florence Woerth war seit 2007 (das heißt seit der Ernennung von Woerth zum Budget- und Steuerminister) in der Firma Clymène mit der Investition von Bettencourts L'Oréal-Dividenden beschäftigt. Jetzt werde sie zum Risiko: „Wenn Sie wollen, werde ich diskret ihren Mann (Eric Woerth) treffen, um ihm zu sagen, dass wir angesichts der Gerichtsverhandlung (gegen den Fotografen Banier) und wegen Nestlé aufpassen müssen und dass wir darum seine Frau nicht behalten können. Wir geben ihr Geld, und damit hat sich's.“


Dass die Gattin des Haushaltsministers, der Steuerbetrug bekämpfen will, sich um das Vermögen einer Milliardärin kümmert, die nun als Steuerhinterzieherin wider besseres Wissen dasteht, wird nun zum Politskandal. Die Opposition fordert Woerths Rücktritt. Das allerdings schloss dieser am Montag in einer empörten Stellungnahme kategorisch aus.

Aufgrund des aktuellen Wirbels kündigt Woerth indes an, dass seine Frau Florence ihre Stelle bei Clymène umgehend aufgeben werde. Liliane Bettencourt ließ mitteilen, sie wolle mit dem Fiskus wegen der nicht versteuerten Guthaben im Ausland ins Reine kommen. Was sie das kosten wird, ist für sie ein Pappenstiel. Die politischen Konsequenzen der Affäre Bettencourt sind unabsehbar.

ZUR PERSON

Liliane Bettencourtist einzige Erbin des Gründers von L'Oréal. Ihre Tochter hält die 87-Jährige für verwirrt. Auch soll Bettencourt Steuern hinterzogen haben. [AP]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2010)

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