Eiskunstlauf-EM

Russische Meisterschaften auf steirischem Eis

Einzigartig, filigran – zu Recht Europameisterin: Alena Kostornaja.
Einzigartig, filigran – zu Recht Europameisterin: Alena Kostornaja.(c) APA/AFP/DANIEL MIHAILESCU
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Alle Titel und zehn der zwölf Medaillen gingen an Russland. Europameisterin Alena Kostornaja, 16, ist das nächste Sternchen, das die Fans begeistert, aber zugleich die Kritik an „Wegwerf-Champions“ neu befeuert.

Unterpremstätten. Diese EM im Eiskunstlauf glich internationalen russischen Meisterschaften. Das lag nicht nur an den russischen Fans, die am Samstag in der Steiermarkhalle in Unterpremstätten die Übermacht stellten. Weiß-blau-rote Fahnen dominierten, im Eistanzen hielt die französische Abordnung noch lautstark dagegen, wurde aber nicht belohnt. Victoria Sinizina/Nikita Kazalapow entthronten die großen Favoriten Gabriella Papadakis/Guillaume Cizeron, die ihre knappe Führung aus dem Kurzprogramm mit einer unsauberen Kür verspielten.

Im Damen-Einzel hatten die russischen Fans dann die Qual der Wahl, das nächste Gold für ihr Land stand ohnehin nicht in Frage. Am Ende jubelte die 16-jährige Alena Kostornaja vor ihren 15-jährigen Landsfrauen Anna Tscherbakowa und Alexandra Trusowa. Somit gingen alle Titel und gleich zehn der zwölf EM-Medaillen an Russland. Diese Bilanz lässt keinerlei Zweifel an der Übermacht zu.

Sternchen, Stars und Sieger

Mit Sprunggewalt revolutioniert Russlands junge Garde derzeit den Eiskunstlauf der Damen. Wie groß der Abstand zum Rest der Welt inzwischen geworden ist, zeigte sich auf steirischem Eis: Zwar verzichtete Europameisterin Kostornaja auf einen Vierfach-Sprung und leistete sich wie ihre Rivalinnen einen Sturz, dennoch betrug der Rückstand der viertplatzierten Schweizerin Alexia Paganini auf das Podest satte 32,46 Punkte. Das sind Welten.

Diese Demonstration begeisterte die russischen Fans, die große Frage jedoch ist, was davon bleiben wird. Denn zu viele russische Sternchen sind bereits zu Titeln und Rekorden gesprungen, aber danach ebenso schnell wieder verglüht. Neben Titelverteidigerin Sofja Samodurowa fehlte bei der EM auch Olympiasiegerin Alina Sagitowa, die mit 17 Jahren eine Sinnkrise durchlebt – ihr Comeback ist ungewiss.

Ob dieses Trends machen sich Fachleute für die Anhebung des Mindestalters von derzeit 15 Jahren stark, um die Sprungvorteile pubertärer Körper zu entkräften. „Ich mag es nicht, Kaffee aus Einwegbechern zu trinken. Genauso ist es mit Wegwerf-Champions“, kritisierte kürzlich der prominente Trainer Rafael Harutjunjan, der US-Weltmeister Nathan Chen betreut. Selbst Russlands Eiskunstlauf-Ikone Jewgenij Pljuschtschenko ließ zuletzt kein gutes Haar an den Methoden von Star-Trainerin Eteri Tutberidze, deren Schmiede das EM-Medaillen-Trio entstammt. Sie und ihre Schützlinge müssen nun den Gegenbeweis antreten.

Mit der guten Stimmung in der Halle konnte Österreichs sportliche Bilanz bei der Heim-EM nicht mithalten: Wie die Paarläufer Miriam Ziegler/Severin Kiefer (Sechste) missglückte auch Debütantin Olga Mikutina die Kür. Die 16-Jährige rutschte nach gleich vier Stürzen auf den 24. Platz zurück. Als Trost blieben ihr Wettkampferfahrung und der aufmunternde Applaus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2020)

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