Causa Burgtheater

Prozess gegen Silvia Stantejsky geht ins Finale

BURGTHEATER UNTREUE-PROZESS: STANTJESKY
Silvia Stantejsky steht wegen Bilanzvergehen, Untreue und Veruntreuung vor Gericht.APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Wirtschaftsprüfer ortet „wesentliche Fehldarstellungen“, laut psychiatrischem Gutachten ist die ehemalige kaufmännische Geschäftsführerin des Burgtheaters schuldfähig. Ihr droht eine mehrjährige Haftstrafe. Das Urteil soll heute verkündet werden.

Heute, Montag, wird am Wiener Landesgericht der Prozess gegen die ehemalige kaufmännische Burgtheater-Geschäftsführerin Silvia Stantejsky fortgesetzt. Bei plangemäßem Verhandlungsverlauf wäre nach der noch ausständigen Befragung von zwei Zeugen mit der Beratung des Schöffensenats über Schuld und Strafe zu rechnen. Das Urteil könnte in diesem Fall in den Nachmittagsstunden verkündet werden.

Der erste Zeuge, Buchsachverständiger und Gutachter Peter Wundsam, ortete "wesentliche Fehldarstellungen" bei der Bilanzerstellung in den Jahren 2008 bis 2013. Wundsam bemängelte vor allem, dass unter Statejsky skartierte Produktionen - ausgelaufene Inszenierungen, die sich nicht mehr am Spielplan fanden - am Ende der jeweiligen Saison nicht abgeschrieben wurden. Damit sei "eine wirtschaftliche Nützungsmöglichkeit" suggeriert worden. Diese Praxis habe dazu geführt, dass mit dieser Methode zwischen 2009 und 2013 insgesamt über 3,4 Mio. Euro fälschlicherweise in der Bilanz dargestellt wurden.

„Unternehmensrechtlich nicht zulässig"


"Wesentliche Fehldarstellungen" kreidete der Wirtschaftsprüfer der Angeklagten auch im Zusammenhang mit "Kostenaktivierungen" an, die Stantejsky mittels Excel- oder Word-Sammellisten belebt hatte. In diesen Fällen sei ein Einzelnachweis der behaupteten Kosten nicht mehr möglich. Auch bei Urlaubs-und Zeitausgleichrückstellungen in der Technik wurden demnach bis zu 1.500 Stunden pro Jahr nicht berücksichtigt. Wundsam nannte das "unternehmensrechtlich nicht zulässig". Regelmäßig wurden laut Gutachten außerdem Sozialversicherungsbeiträge und Abzugssteuern nicht abgeführt. Das alles bewirkte "ergebniswirksame Fehldarstellungen", die allein 2009 vier Mio. Euro ausmachten, hielt der Wirtschaftsprüfer fest. 

Nach einer Mittagspause kam am Montagnachmittag der psychiatrische Sachverständige Kurt Meszaros zu Wort. Die Verteidigerin hatte ein psychiatrisches Gutachten verlangt, um überprüfen zu lassen, ob Stantejsky im inkriminierten Zeitraum überhaupt diskretionsfähig und damit herabgesetzt schuldfähig oder gar zurechnungsunfähig war.

Burn-out-Syndrom, aber zurechnungsfähig

Dem psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen zufolge war Silvia Stantejsky im inkriminierten Tatzeitraum zurechnungsfähig. Er billigte ihr ein Burn-out-Syndrom zu, das sich "schleichend langsam" entwickelt habe. Auf ihre Schuldfähigkeit habe sich das aber nicht entscheidend ausgewirkt, meinte Meszaros.

Stantejsky sei unter starkem persönlichem Druck gestanden. Sie habe ein Übermaß an persönlicher Energie in "ein beinahe unerreichbares Ziel, die schwarze Null" gesteckt, erläuterte der Psychiater. Der Versuch, die finanzielle Schieflage an der Burg zu bewältigen, habe Stantejsky auch deswegen Kraft gekostet, weil ihr "ein hohes Maß an Perfektionismus" eigen sei. Stantejsky habe schließlich psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen, sich ab 2011 auch medikamentös behandeln lassen. Dessen ungeachtet habe sich die Symptomatik aber nicht nachhaltig auf ihre Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit ausgewirkt. "Die war nie so herabgesetzt, dass die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit aufgehoben war", betonte Meszaros.

Strafrahmen zwischen einem und zehn Jahren

Folgt der Schöffensenat den Feststellungen des Sachverständigen, stünde dem Gericht im Fall eines anklagekonformen Schuldspruchs ein Strafrahmen zwischen einem und zehn Jahren zur Verfügung. Bei weiterem plangemäßem Verhandlungsverlauf wäre mit einem Urteil am frühen Montagabend zu rechnen.

Stantejsky werden Bilanzvergehen nach dem GmbH-Gesetz, Untreue und Veruntreuung angelastet. Nachdem sich im Zuge einer Gebarungsprüfung Ungereimtheiten in ihrem Verantwortungsbereich gezeigt hatten, war sie im November 2013 fristlos entlassen worden. In weiterer Folge kamen Millionenschulden und eine ausgewachsene Finanzmisere an der Burg ans Tageslicht, was im März 2014 auch zur Entlassung des damaligen Burgtheater-Direktors Matthias Hartmann führte. Am Ende musste nur Stantejsky vor Gericht. Die 64-Jährige hatte beim Verhandlungsauftakt Malversationen zugegeben, aber persönliche Bereicherung in Abrede gestellt.

 

(APA)


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