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Nachrichten Meinung Magazin
Care-Bericht

Die zehn vergessenen Konflikte der Welt

Mehr als 51 Millionen Menschen sind von Krisen betroffen, die es kaum in die Öffentlichkeit schaffen. Ein Überblick: Von Madagaskar bis zum Tschadsee.
27.01.2020 um 12:45
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Hauptbild • (c) APA/AFP/MAMYRAEL (MAMYRAEL)

Die Iran-Krise, der Brexit, die Brand-Katastrophe von Notre-Dame - das waren Themen, die die Öffentlichkeit 2019 beschäftigten. Doch schlummern auf dieser Welt Krisen, die mehr als 51 Millionen Menschen betreffen, es aber fast nie in die Medien schaffen. Sie leiden an Naturkatastrophen, Konflikten und Hunger - die Hilfsorganisation Care hat in dem Bericht "Suffering in Silence" eine Liste mit den zehn vergessenen Krisen des vergangenen Jahres erstellt. Neun von zehn davon spielen sich in Afrika ab.

Care
Madagaskar

Die Bevölkerung des Inselstaats Madagaskar hat mit einer gefährlichen Mischung an Katastrophen zu kämpfen: mit wiederkehrenden Wirbelstürmen, anhaltender Dürre, die durch den Klimawandel noch verschärft wird, einer verheerenden Plage durch den Schädling Herbst-Heerwurm, einem ungewöhnlich großen Masernausbruch im vergangenen Jahr und dem saisonalen Auftreten der Pest. Das Tier- und Pflanzenparadies zählt zu den ärmsten Ländern der Welt, drei Viertel der Bevölkerung leben von weniger als 1,70 Euro pro Tag. Die Insel hat die vierthöchste Rate an chronischer Unterernährung weltweit. Die Katastrophen verschärfen die Lage noch.

(c) APA/AFP/MAMYRAEL (MAMYRAEL)
Zentralafrikanische Republik

Mit seinen Diamanten- und Uranvorkommen könnte es eines der reichsten Länder der Welt sein, dennoch kämpft die Zentralafrikanische Republik mit massiver Armut. Bis heute hat sich das Land von einem Bürgerkrieg im Jahr 2013 nicht erholt. Tausende Menschen wurden seitdem bei Angriffen von Rebellengruppen und bewaffneten Banden getötet. Mindestens 18 bewaffnete Gruppen kämpfen derzeit um die Kontrolle der reichen Bodenschätze. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung - etwa 2,9 Millionen Menschen - sind auf humanitäre Hilfe und vor allem Nahrungsverteilungen angewiesen. Einer von vier Bewohnern ist auf der Flucht. Mit 244 Anschlägen 2019 ist die Zentralafrikanische Republik zudem einer der gefährlichsten Orte der Welt für humanitäre Helfer.

(c) APA/AFP/FLORENT VERGNES (FLORENT VERGNES)
Sambia

Der südafrikanische Binnenstaat Sambia leidet besonders unter den Folgen des Klimawandels. Die Temperaturen durch die Erderwärmung steigen hier etwa doppelt so schnell wie im Vergleich zum Rest der Welt. Seit Jahren suchen das Land Dürren heim, 2019 fielen die Niederschläge in Süd- und Westsambia auf ein jahrzehntelanges Tief. Darunter leidet nicht nur die Ernte, der Preis für das Grundnahrungsmittel Mais stieg rasant in die Höhe. Auch das Trinkwasser wird knapp. Viele Menschen sehen sich gezwungen, ihre Kinder aus der Schule zu nehmen, ihr Vieh zu verkaufen, um Nahrung und Saatgut erwerben zu können.

(c) Darcy Knoll (Darcy Knoll)
Burundi

Ganz unten, auf Platz 185 von 189 der ärmsten Länder der Welt, findet sich der 11,7-Millionen-Staat Burundi. Die Bevölkerung des ostafrikanischen Binnenlandes ist weltweit am stärksten von chronischer Mangelernährung betroffen. Malaria-Epidemien verstärken das Leid in dem krisengebeutelten Land: Präsident Pierre Nkurunziza, der 2005 an die Macht kam, bewarb sich 2015 entgegen der damaligen Verfassung um eine dritte Amtszeit. Daraufhin kam es zu zahlreichen Gewalttaten und rund 430.000 Burunder mussten nach UN-Angaben fliehen, darunter auch etliche Oppositionelle und Aktivisten. Als erstes Land trat es 2017 aus dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag aus.

(c) REUTERS (Thomas Mukoya)
Eritrea

Eine schwere Dürre macht dem von der Außenwelt abgeschotteten Eritrea zu schaffen. In solchen schlechten Zeiten kann die Ernte nur 20 bis 30 Prozent des Bedarfs der Bevölkerung decken, die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren ist wegen chronischer Mangelernährung unterentwickelt. Zwar wurden die Konflikte der früheren italienischen Kolonie mit den Nachbarstaaten Äthiopien und Somalia beigelegt, doch Landminen bleiben eine Gefahr für die Menschen. Der unbegrenzte Militärdienst verschärft die schlechte wirtschaftliche Lage zusätzlich, sodass Hunderttausende das Land verlassen. Auf der Fluchtroute durch die Sahara erwarten sie weitere Gräuel.

(c) Silvia Di Giovanni (Silvia Di Giovanni)
Nordkorea

Während sich US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un bei ihren Gipfeltreffen im Blitzlichtgewitter sonnen, leidet die nordkoreanische Bevölkerung von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. 10,9 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, um ihre Grundbedürfnisse nach Nahrung, Wasser und Hygiene zu stillen, schätzt die UNO. Rund 43 Prozent der Bevölkerung sind unterernährt.

Naturkatastrophen erschweren die Lage: Pjöngjang spricht von der schlimmsten Dürre seit 100 Jahren. Besonders Schwangere und Stillende sind gefährdet: Ihnen fehlen Nährstoffe, um sich und ihre Kinder zu versorgen. Zudem gebären viele Mütter ohne medizinische Hilfe, die Muttersterblichkeit ist hoch.

Getty Images
Kenia

Dasselbe Wetterphänomen, das die schweren Brände in Australien mitverursachte, führt zu Katastrophen im ostafrikanischen Kenia: das sogenannte Indischer-Ozean-Dipol, das mit Temperaturschwankungen an der Meeresoberfläche im Westen und Osten des Indischen Ozeans zusammenhängt. Nach Dürren suchten schwere Regenfälle und Überschwemmungen das Land heim. Die Trockenheit dezimierte den Viehbestand, der Regen zwang Zehntausende in die Flucht. Das feuchte Wetter begünstigte zudem die Verbreitung von Heuschrecken: Hunderte Millionen Insekten vertilgten die Vegetation. Nun droht eine Hungersnot.

(c) APA/AFP/TONY KARUMBA (TONY KARUMBA)
Burkina Faso

Burkina Faso ist ein Beispiel dafür, wie ein einst stabiler Staat innerhalb weniger Jahre in den Griff von Terrorgruppen geraten kann. Seit 2015 haben Jihadisten, die sich teils als Ableger der al-Qaida oder der IS-Terrormiliz verstehen, dort Fuß gefasst. Fast täglich kommt es im Land in der Sahelzone mittlerweile zu blutigen Anschlägen. Der Terrorismus wird auch durch die Lebensbedingungen befördert: Burkina Faso ist eines der ärmsten Länder der Welt. Von den 20 Millionen Einwohnern leben 40 Prozent unter der Armutsgrenze. Eine Million Menschen sind laut UNO auf Nothilfe angewiesen. In den Konfliktgebieten steigen Mangelernährung und Nahrungsmittelunsicherheit rapide an. Tausende Schulen und Dutzende Gesundheitseinrichtungen mussten geschlossen werden.

(c) APA/AFP/MICHELE CATTANI (MICHELE CATTANI)
Äthiopien

Mit dem Friedensnobelpreis für Ministerpräsident Abiy Ahmed und seinem Annäherungskurs an Eritrea gelangte Äthiopien 2019 in die Schlagzeilen. Doch während sich die politische Lage in dem Land langsam stabilisiert, verfestigt sich eine andere Krise: Äthiopien ist weltweit eines der am meisten durch Dürre gefährdeten Länder. Unvorhersehbare Regenfälle und das Ausbleiben regionalen Regens sind auf den Klimawandel zurückzuführen. Knapp acht Millionen Menschen leiden unter schwerer Unterernährung. Ein Großteil der Bevölkerung ist Selbstversorger, die Naturkatastrophen verschlimmern die extreme Armut noch. Frauen und Mädchen leiden besonders: Sie sehen sich zur Prostitution gezwungen, um ihren Lebensunterhalt verdienen zu können.

(c) Makmende Media (Makmende Media)
Tschadsee

„Die Krise um den Tschadsee hat viele Gesichter“, schreibt Care in dem Bericht. Zehn Jahre schon dauert sie an und sorgt dafür, dass fast zehn Millionen Menschen in der Region am südlichen Rand der Sahara auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Armut, Hunger und die Islamistengruppe Boko Haram haben Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Die Aufnahmegemeinden im Tschad stoßen an ihre Belastungsgrenzen. Hinzu kommt die Austrocknung des Tschadsees, der den Menschen als Lebensgrundlage diente. Heute ist der See als Folge von Klimawandel, ausbleibender Regenfälle und übermäßiger Nutzung auf ein Zehntel der ursprünglichen Fläche geschrumpft. Verunreinigtes Wasser, mangelnde Hygiene und niedrige Impfraten führen zu einer Ausbreitung von Krankheiten und Epidemien.

(c) APA/AFP/MARCO LONGARI (MARCO LONGARI)

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