Reisebeschränkungen

Leere Strände und Geschäfte: Tourismus leidet unter Coronavirus

AFP (MARK RALSTON)
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Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in China schockiert die Tourismusbranche in Asien. Auch in Europa ist die Branche in Alarmstimmung.

Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in China schockiert die Tourismusbranche in Asien. Mit drastischen Reisebeschränkungen versuchen die chinesischen Behörden, den Erreger im Zaum zu halten, durch den bereits mehr als 80 Menschen gestorben sind. Urlaubsorte in Japan, Thailand und auch in Australien spüren bereits erste Folgen. Die Touristiker in Europa sind ebenfalls in Alarmstimmung.

Denn Reisen ins Ausland erleben bei den Chinesen einen wahren Boom: Seit 2003 hat sich die Zahl der Chinesen, die im Ausland Urlaub machen, nach Angaben der Forschungsfirma Capital Economics fast verzehnfacht. Allerdings weckt die Epidemie Erinnerungen an den gefährlichen SARS-Erreger, der in den Jahren 2002 und 2003 dem Tourismus in Asien schwer zusetzte. Damals schrumpfte die Zahl der chinesischen Touristen um ein Drittel.

Urlaubsziele, die zahlreiche Touristen aus China erwarten, trifft der Ausbruch des neuen Coronavirus schon jetzt. Sie berichten von "verwaisten" Stränden sowie leeren Läden - und machen sich Sorgen um ihre Zukunft.

In Japan ist der Rückgang der chinesischen Urlauber bereits in Asakusa spürbar - einem beliebten Touristenziel in Tokio, das für seine kleinen Läden, Restaurants und den Sensoji-Tempel bekannt ist. "Wir haben in diesem Jahr auf jeden Fall weniger Menschen zu Gast", sagt Yoshie Yoneyama, die ein kleines Geschäft für traditionelle Süßspeisen führt. Es seien "weniger als die Hälfte" als im vergangenen oder vorvergangenen Jahr, schätzt die 31-Jährige.

Dabei hat die Zahl der chinesischen Urlauber in Japan zuletzt kräftig zugelegt: Sie stieg von 450.000 im Jahr 2003 auf knapp 8,4 Millionen im Jahr 2018. Mehr als ein Viertel der ausländischen Touristen in Japan kommt nach Angaben der japanischen Tourismusorganisation aus China.

Der Ausbruch des Coronavirus mache es für Japan "sehr schwierig", das diesjährige Ziel von 40 Millionen ausländischen Touristen zu erreichen, warnt Yuki Takashima von Nomura Securities. Und das obwohl die Olympischen Sommerspiele, die zahlreiche Fans auch aus dem Ausland anlocken, heuer in Tokio stattfinden.

Dass die Touristen aus China ausbleiben, bekommen nicht nur Hotels, Restaurants und beliebte Ausflugsziele zu spüren. Denn viele Chinesen zieht es zum Shoppen nach Japan. Elektronische Geräte und Beautyprodukte stehen bei ihnen laut Takashima für gewöhnlich ganz oben auf der Einkaufsliste. Deshalb seien auch die Gewinnziele des Einzelhandels in Gefahr.

Die Sorge über das Virus drückt bereits den japanischen Aktienindex Nikkei. Die Kurse der bei Chinesen beliebten Kosmetikfirma Shiseido und des Mutterkonzerns der Modekette Uniqlo, Fast Retail, brachen am Montag um mehr als fünf Prozent ein. Die Kurse könnten weiter fallen, sagt Analyst Stephen Innes von AxiCorp. Japan sei dabei aber noch besser gerüstet als ein anderes Top-Reiseziel der Chinesen: Thailand.

Strände auf Phuket verwaist

Der Tourismus ist ein wichtiges Standbein für das südostasiatische Land. Mehr als ein Viertel der ausländischen Urlauber kommt aus China. Das Tourismusministerium in Bangkok warnte wegen des Coronavirus bereits vor einer Krise, die das Land schätzungsweise 1,6 Mrd. Dollar (1,45 Mrd. Euro) kosten könnte.

Auf der Insel Phuket sind die ersten Folgen spürbar. "Seit zwei Tagen sind die Geschäfte und die Strände verwaist", sagt Claude de Crissey, dem dort ein Hotel mit 40 Zimmern und einem Restaurant gehören. Phuket habe sich "fast ausschließlich" auf Touristen aus China konzentriert. "Wenn es so weitergeht, wird das auf uns alle Auswirkungen haben."

Das wird auch in Australien der Fall sein, das ohnehin schon unter den Folgen der verheerenden Buschbrände leidet. Innerhalb von sechs Jahren hat sich dort die Zahl der chinesischen Urlauber bis Juni 2019 verdoppelt. 15 Prozent der ausländischen Touristen stammen aus China.

Die Branche sorgt sich deshalb länderübergreifend um ihre Zukunft. Für den Vorsitzenden des Pazifischen-Asiatischen Reiseverbands, Mario Hardy, ist es schwer abzuschätzen, wie lang die Krise um das Coronavirus noch andauert. "Das hängt davon ab, wie sich die Lage in den nächsten Wochen entwickelt."

Auch in Europa ist die Tourismusbranche in Alarmstimmung ob des neuartigen Virus, wenngleich es noch zu früh ist, Auswirkungen in Zahlen zu sehen. In Wien erwartet der Stadt-Tourismus einen Knick bei den Buchungen von chinesischen Gästen, zumal ja Peking am Freitag ein Verkaufsverbot von Pauschalreisen ins In- und Ausland erlassen hat. Zudem sind laut Medienberichten seit heute, Montag, alle Gruppenreisen aus China ins Ausland untersagt.

In Hallstatt noch keine Auswirkungen

Der WienTourismus ist aber breit aufgestellt, wirbt in 17 Märkten, daher werde ein Buchungsrückgang verkraftbar sein. Im bei Chinesen beliebten Salzkammergut-Ort Hallstatt merkt das Tourismusbüro ebenfalls noch nichts vom Coronavirus, wie es zur APA hieß.

Bei den Austrian Airlines (AUA) werde man die Auswirkungen des jüngst verhängten Reiseverbots chinesischer Reisegruppen durchaus spüren, sagte ein AUA-Sprecher zur APA. Ob in Folge auch Flüge nach und aus der Volksrepublik reduziert werden müsse, könne man derzeit noch nicht sicher sagen. Bisher fliegt die AUA neunmal wöchentlich nach China, davon sind fünf Peking- und vier Shanghai-Verbindungen. Das Bordpersonal, das für die AUA nach China fliegt, sei über die Situation informiert worden und habe Verhaltensempfehlungen bekommen - beispielsweise häufiges Händewaschen, nur durchgegartes Fleisch essen und nach Möglichkeit das Hotel in China nicht verlassen.

In den heimischen Reisebüros herrscht indessen so etwas wie Ruhe vor dem Sturm. "Unsere Reisebüros spüren momentan noch nichts von den Auswirkungen des Coronavirus. Sollte sich der Virus im asiatischen Raum weiter verbreiten, wird es wahrscheinlich Auswirkungen auf Asien-Buchungen geben", so Sarah Peters vom Reisebüro Mondial zur APA.

Im Incoming-Bereich sieht die Situation bei Mondial schon jetzt dramatischer aus. "Die chinesische Regierung hat veranlasst, dass keine Reisegruppe das Land verlassen darf, bis sich die Situation beruhigt hat. Da China einer unserer wichtigsten Märkte im Incoming-Bereich ist, bei dem wir über 1 Million Umsatz im Jahr machen, würde uns das sehr treffen, wenn die Situation mehrere Monate anhalten würde."

Ein Thema bei den Touristikern sind auch Geschäftsreisende. Das Verkehrsbüro, Österreichs größtes Tourismuskonzern, hat Geschäftsreisende nach China schon vorige Woche via Alert-Info über das Coronavirus in Kenntnis gesetzt, am Montag gibt es erneut eine Lagebesprechung der Konzernspitze.

Chinesische Gäste bleiben kurz

Chinesen werden für den österreichischen Tourismusmarkt immer wichtiger, ihr Anteil ist mit 3,1 Prozent an den gesamten Ankünften ausländischer Gäste im Jahr 2019 aber noch nicht so groß. Auf diesen "relativ kleinen Bereich" wies auch Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer (WKÖ), im ORF-Mittagsjournal hin. Chinesische Gäste bleiben im Schnitt nicht einmal eineinhalb Tage in Österreich. Aber: "Natürlich schmerzt jeder Gast, der nicht nach Österreich kommt."

In Deutschland gibt sich der Deutsche Reiseverband bei China-Reisen bisher gelassen. Wegen der vorherrschenden Kälte sei derzeit keine Reisezeit, teilte der DRV mit. Die Saison beginne erst etwa Mitte April, erklärte eine Sprecherin. Bei seinen Empfehlungen orientiere sich der Verband vor allem am Auswärtigen Amt und beziehe auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Robert-Koch-Institut mit ein. Dem Verband zufolge reisen im Jahr 600.000 bis 650.000 Deutsche nach China, zwei Drittel davon sind Geschäftsreisende.

Der Münchner Reiseveranstalter Studiosus hingegen hat alle Reisen nach China bis Mitte April abgesagt. Die Verantwortlichen des Unternehmens rechneten nicht mit einer raschen Entspannung. Die nächsten China-Reisen wären ansonsten ab dem 15. März in die Saison gestartet. Die weitere Entwicklung werde beobachtet und jeweils bis spätestens zwei Monate vor dem Abreisetermin werde entschieden, ob geplante China-Reisen stattfänden oder abgesagt würden. Allen Kunden mit Abreise bis zum 31. Mai werden ab sofort kostenlose Umbuchungen oder Stornierungen der China-Reisen eingeräumt.

Kostenlos umbuchen muss auch die AUA-Mutter Lufthansa. Auf Anordnung der chinesischen Regierung können Lufthansa-, AUA- und Swiss-Passagiere ihre Flüge von und nach China bis 30. September 2020 verschieben. Dies gilt für Tickets, die bis 23. Jänner ausgestellt wurden und für den Reisezeitraum 24. Jänner bis 23. Februar.

(APA/Reuters/AFP)

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