Morgenglosse

Im Burg-Drama fällt der Vorhang. Der Applaus fällt aus.

Der Skandal ums Burgtheater führte zu einer einzigen Anklage, und sie zu einem milden Urteil. Alles gut? Gar nichts gut.

Zwei Jahre bedingt und eine Geldstrafe: Wer ihren Prozess mitverfolgt hat, kommt kaum umhin, Silvia Stantejsky das milde Urteil zu gönnen. Die einst so selbstbewusst, ja selbstherrlich auftretende kaufmännische Geschäftsführerin des Burgtheaters ist heute eine gebrochene Frau. Sie trieb die Bühne, deren Bretter ihr tatsächlich die Welt bedeuteten, in eine beispiellose Krise. Chronisch überfordert, verlor sie jeden Überblick und versank im Nebel einer Depression, in der alle Konturen verschwammen: zwischen Arbeitseifer und krimineller Energie, fremdem Geld und eigenem, Recht und Unrecht. Aber auch wenn nun alle froh zu sein scheinen, dass endlich Gras über die leidige Causa wachsen darf: Das Drama geht allzu versöhnlich zu Ende. Es war kein Ein-Personen-Stück um eine kranke Seele, sondern ein handfester kulturpolitischer Skandal, der größte in Österreichs jüngerer Vergangenheit.

>> Burgtheater-Prozess: Zwei Jahre bedingt für Stantejsky

Alle weiteren Protagonisten sicherten sich schon in früheren Akten einen eleganten Abgang, als hätten sie nur unbedeutende Nebenrollen gespielt: Co-Geschäftsführer und Intendant Matthias Hartmann, der sich als Zeuge im Prozess sogar noch zum Aufdecker der ersten Stunde stilisieren durfte. Georg Springer, der Ex-Chef der Bundestheaterholding, als verständnisvoller Grandseigneur, der von der Misswirtschaft leider auch nichts mitbekam, aber das Nachspiel inszenierte und sich rechtzeitig in die wohlbestallte Pension verabschiedete. Und natürlich Thomas Drozda, der Vorgänger Stantejskys als wirtschaftlicher Leiter der Burg, der seine frühere Stellvertreterin, obwohl nur drittgereiht, auf ihren Posten hievte. Ob der nahe liegende Verdacht zutrifft, dass manche dubiosen Praktiken schon unter seiner Ägide üblich waren, werden wir nie mehr erfahren, dafür haben der SPÖ-Politiker und seine Seilschaften gesorgt. So bleibt ein bitterer Nachgeschmack, wenn über dem gefälligen Schlusstableau der Vorhang fällt. Einen Applaus hat sich bei dieser Aufführung wahrlich keiner verdient.

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