Plattenkritik

Pet Shop Boys: Das Traumland liegt diesmal in Berlin

Pet Shop Boys bei einem Auftritt.
Pet Shop Boys bei einem Auftritt.APA/EPA/HERBERT PFARRHOFER
  • Drucken

Das große alte britische Duo bleibt auch auf dem 14. Album seinen Sehnsüchten treu. Diesmal verortet es sie in der Berliner U1, an einem Badesee in Zehlendorf, aber auch daheim auf der Waterloo Bridge.

David Bowie und Lou Reed, Nick Cave und R.E.M., U2 und Bloc Party, so viele englischsprachige Popmusiker haben ihr Berlin gefunden und in Songs gepackt. Nun also auch die Pet Shop Boys. Diese zwei älteren, zugleich betont seriösen und betont exzentrischen Briten haben seit einiger Zeit Wohnungen in Berlin-Mitte, und sie fahren U-Bahn auch. Am liebsten mit der U1, denn: „The U1 is such a party train.“ So rasen sie gleich im ersten neuen Stück im Rhythmus des Schienenstranges „from Uhland to Warschauerstraße“, auf der Spur eines „Will-o-the-Wisp“, so heißt der Song. Das Irrlicht stellt sich als ehemaliger Gefährte heraus, der womöglich bieder geworden ist: „Maybe you've gone respectable, with a wife and job and all that?“ Aber einmal soll er noch lächeln, in der U1, um der alten Zeiten willen . . .

Eine perfekte Melange der Emotionen à la Pet Shop Boys: Sehnsucht nach dem Hedonismus, nach den unbeschwerten Tagen, als noch alles so einfach und ekstatisch war. Ach, das „Dreamland“ – dem diesmal ein eigener Song gewidmet ist –, es ist weit weg, wir leben in einer traurigen Welt, doch was soll's, solange die Keyboards kuschlig klingen, verzweifeln wir nicht: „Enjoy the night, until it gets light, it happens so fast.“

„Hotspot“ heißt dieses, ihr 14. Album (nach „Please“, „Actually“, „Introspective“, „Behaviour“, „Very“, „Bilingual“, „Nightlife“, „Release“, „Fundamental“, „Yes“, „Elysium“, „Electric“ und „Super“), und es ist wie bei jedem Album dieser ewigen Buben: Man wundert sich, dass ihnen doch wieder neue textliche Vignetten einfallen, fragt sich zugleich bei jeder schlicht strahlenden Melodie: Hatten wir die nicht schon? Aber was, Stracciatella-Eis hatten wir auch schon oft. Und diesmal führen sie uns, wie gesagt, nach Berlin, u. a. nach Zehlendorf zum Baden. Der Song „Wedding“ allerdings heißt nicht nach dem Stadtteil, und in „Hoping for a Miracle“ bleiben ihre Träume daheim, im Nebel auf der Waterloo Bridge und auf einer Wiese in Oxford. Dort saßen und sitzen sie und singen: „It's been this way since life began.“ Da muss, da soll, da darf sich nichts ändern.

Live: 12. Mai im Wiener Gasometer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.