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„Autofahrer-Bashing“? Was außer Streit stehen sollte

Wem gehört die Stadt? Gersthofer Platzl, Währing.
Wem gehört die Stadt? Gersthofer Platzl, Währing.(c) Wolfgang Freitag
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Stichwort Gersthofer Platzl: ein Nachtrag zur Debatte um die Doch-nicht-Neugestaltung.

Dieser Tage hatte ich in der Koppstraße, Wien Ottakring, zu tun. Vom Gürtel weg ging ich vorbei am Ludo-Hartmann-Platz der Fröbelgasse zu, im Kopf manche Reaktionen, die mich im Gefolge meiner jüngsten Ausführungen zum Gersthofer Platzl und zu seiner Doch-nicht-Neugestaltung erreicht hatten. Der Hauptvorhalt, kurz gefasst: „Autofahrer-Bashing“. Zugegeben, die Koppstraße, diese irgendwann vielleicht ansehnlich gewesene, längst zur Autobahn pervertierte Vorstadtallee, ist kein idealer Ort, um ob solcher Zuschreibung zerknirscht zu sein. Andererseits: Wo soll sie denn schon hin, die so oft so immobile Automobilisierung?

Wien ist im Kern nach Vorgaben einer Zeit geplant, die noch keine allgemeine Motorisierung kannte. Dass die Stadt dennoch – zwar nur recht und schlecht, aber doch irgendwie – mit der Tag für Tag über sie hereinstürzenden Automobillawine zurechtkommt, gründet nicht zuletzt darin, dass andere Teilhaber am öffentlichen Raum in den vergangenen Jahrzehnten zurückgesteckt haben. Gehsteige wurden beschnitten, Grünstreifen beseitigt, wesentliche Teile des öffentlichen Verkehrs in den Untergrund verlegt: Der dabei frei werdende Raum fand sich meist umgehend vom Automobil usurpiert.

Mittlerweile freilich ist so gut wie nichts mehr zu verteilen da. Mittlerweile ist es auch aus anderen, womöglich sogar triftigeren Gründen höchste Zeit, darüber nachzudenken, ob denn Verkehr nicht noch ein paar andere Teilnehmer kennt als bloß den Automobilisten. Und ob denn wirklich jeder Weg, der heute per Pkw zurückgelegt wird, so und nicht anders zurückzulegen ist.

All die schönen neuen Fußgänger- und Begegnungszonen bringen keine Lösung. Stadt ereignet sich überall, nicht nur in ein paar Reservaten, und sie gehört allen, nicht nur Pkw-Benützern. Darüber zumindest sollte Einigkeit herzustellen sein.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2020)

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