Kommentar

Trumps Chuzpe

Trump versuchte es mit einer unorthodoxen Strategie.

Mit ein paar Federstrichen Frieden im schier ewigen Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern schaffen, lauthals einen „Jahrhundertdeal“ proklamieren und den Friedensnobelpreis einstreifen: Das war die Idee, die Donald Trump zum Friedensstifter animierte, der in die Annalen eingehen würde.

Von Vorgeschichte, Diplomatie und komplexen Details ließ sich der selbst ernannte Dealmaker im Weißen Haus nicht irritieren, als er seinen Schwiegersohn, Jared Kushner, mit dem außenpolitischen Opus magnum betraute, an dem schon ganz andere Kaliber gescheitert waren. Wie viele andere vor und nach ihm hatte sich Bill Clinton im Jahr 2000 in Camp David die Zähne an der Zähigkeit der Erzrivalen ausgebissen.

Trump versuchte es andersherum, mit einer unorthodoxen Strategie: die Araber, voran den saudischen Kronprinzen, Mohammed bin Salman, einbinden, die Palästinenser brüskieren und seinem „Buddy“ Benjamin Netanjahu in Wahlkampfzeiten de facto alle Wünsche erfüllen und ihm im Weißen Haus obendrein eine Bühne geben.
Am besten umschreibt ein jüdisches Wort Trumps Herangehensweise: Es wäre pure Chuzpe, würde dieser „Masterplan“ aufgehen.

thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

PALESTINIAN-ISRAEL-GAZA-CONFLICT-US
Nahost-Konflikt

Attacken aus Gaza und Gegenangriffe Israels: Lage spitzt sich zu

Die israelische Luftwaffe griff in der Nacht erneut Hamas-Ziele im Gazastreifen an.
Nahost-Konflikt

Palästinenser kündigen "Abbruch der Beziehungen" zu Israel und USA an

Palästinenserpräsident Abbas kündigt die Maßnahme bei einer Dringlichkeitssitzung der Arabischen Liga in Kairo an. Donald Trump hatte diese Woche einen proisraelischen Nahost-Friedensplan vorgestellt.
Seit dem Tod Jassir Arafats vor 15 Jahren führt Mahmud Abbas die palästinensische Autonomiebehörde.
Nahost

„Jerusalem steht nicht zum Verkauf“

Palästinenser-Führer Abbas nennt den Friedensplan eine „Verschwörung“. In Israel sehen Hardliner grünes Licht für sofortige Annexion der jüdischen Siedlungen.
Palästinensische Proteste in Bethlehem im vom Israel annektierten Westjordanland am Tag nach der Bekanntgabe von Trumps Nahost-Friedensplan.
Nahost-Plan

Warum die Solidarität der arabischen Staaten für Palästina schwindet

Donald Trumps Nahost-Friedensplan spaltet die muslimischen Staaten. Das Engagement für die Palästinenser rückt für manche zu Gunsten eines Anti-Iran-Kurses in den Hintergrund.
Eine Mauer trennt Ost- von Westjerusalem. Das soll auch so bleiben, wenn es nach den Plänen von US-Präsident Donald Trump geht.
Überblick

Trumps Nahost-Plan: Das sind die zentralen Punkte

30 Prozent des von Israel besetzten Westjordanlandes sollen Teil des israelischen Staates werden. Ein Tunnel könnte Gaza und Westjordanland verbinden. Und was sind die Zugeständnisse für die Palästinenser?

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.